Dr. Karl Heinrich Schäfer

Bildnachweis: Diözesanarchiv Berlin

Gemeinde St. Peter u. Paul, Potsdam

Geboren am 27. Juli 1871 in Wetter. Im KZ Sachsenhausen gestorben am 29. Januar 1945.

 „Bis zu meiner Ankunft in Köln habe ich niemals ein einziges Wort über religiöse Dinge mit einem Katholiken gesprochen, da ich diese für rückständige Menschen hielt“, berichtet Karl Heinrich Schäfer in seinen in der Haft begonnenen Erinnerungen. „Doch ging ich in Berlin und später auch in Marburg heimlich in katholische Gottesdienste aus historischem Interesse und fragte mich dabei: Wie alt mag wohl dieser katholische Ritus oder jener Hymnus sein?“

Aus einfachen Verhältnissen stammend, hatte Schäfer zunächst evangelische Theologie studiert, erhielt eine Ausbildung in praktischer Seelsorge am Berliner Domstift, ließ sich aber nicht als Pfarrer ordinieren. Nach verschiedenen Stationen pastoralen und sozialen Wirkens studierte er Geschichte und Philologie. In Köln, wo er seit 1900 im Stadtarchiv über die kirchliche Situation im deutschen Mittelalter forschte, begann seine Hinwendung zur katholischen Kirche. Am 8. Dezember 1902 wird er in die katholische Kirche aufgenommen. Eine folgenschwere Entscheidung, die zum Verlust seiner Arbeitsstelle und zum Zerwürfnis mit der evangelischen Kirche führt.

Am historischen Institut der Görresgesellschaft in Rom fand er eine neue Anstellung, die mit Beginn des Ersten Weltkrieges endete. Der Krieg führte ihn auch auf die Schlachtfelder von Verdun. Um künftigen Generationen derartige Erfahrungen zu ersparen, wird er später im Friedensbund Deutscher Katholiken mitarbeiten.

1920 wurde er an das neu gegründete Reichsarchiv in Potsdam berufen, wo er kurz nach der 1921 erfolgten Eheschließung mit der Luxemburgerin Barbara Marx ein Haus in der Sophienstraße 2 (heute Meistersingerstraße) bezog. Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Reichsarchivrat beschäftigte er sich systematisch mit der mittelalterlichen Geschichte der noch ungeteilten Kirche in der Mark Brandenburg und wurde 1928 erster Vorsitzender des Diözesangeschichtsvereins und Mitbegründer des Wichmann-Jahrbuchs. Zahlreiche Veröffentlichungen zeugen von seiner unermüdlichen Forschungsarbeit.

Wegen seiner Gegnerschaft zum NS-Regime wurde er 1934 vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Sein Potsdamer Haus wurde zum Treffpunkt für Gleichgesinnte. Man hörte auch gemeinsam ausländische Sender, spätestens seit Kriegsbeginn ein folgenschweres „Verbrechen“. Er wusste sicher, dass er unter Beobachtung stand. Dessen ungeachtet besuchte er im April 1942 Dompropst Bernhard Lichtenberg in der Haftanstalt Berlin-Moabit. Öfters soll er geäußert haben, es sei „eine Schande so frei herumzulaufen, anstatt sich als Martyrer zu bewähren“. Die Denunziation einer Hausangestellten führte im Oktober 1942 zur Verhaftung des Ehepaars Schäfer. „Wegen planmäßig organisierter Zersetzungsarbeit, die durch das Abhören ausländischer Sender eingeleitet und in weite Kreise hineingetragen war“, wurde er zu zwei Jahren, seine Frau zu 18 Monaten Zuchthaus verurteilt. In der Haft in Luckau wurde ihm das Schreiben verboten, erhalten blieben nur auf Papierfetzen geschriebene Gedanken, die von Glauben und Gottvertrauen und seiner Sorge um die Familie zeugen.

Nach Verbüßung der Haft wurde er nicht freigelassen, sondern ins berüchtigte Potsdamer Gestapogefängnis und Anfang Januar 1945 trotz seines schlechten Gesundheitszustandes ins KZ Sachsenhausen verbracht. Als es seiner Frau und seiner Tochter am 30. Januar gelingt, bis zu dem Konzentrationslager bei Oranienburg vorzudringen, erhalten sie dort den Bescheid, der Ehemann und Vater sei am Vortag im Krankenbau gestorben.

Seine in der Untersuchungshaft begonnenen, unvollendet gebliebenen Erinnerungen beginnen mit den Worten: „Manchmal scheinen Gottes Wege für uns Menschen auf Erden wie ein verschlungenes unlösbares Labyrinth. Nicht immer erkennen wir schon hier das zuletzt doch segensvolle Ziel.“

Dr. Jürgen Meyer-Wilmes