Preis der Ökumenischen Jury bei „achtung berlin“

Der Preis der Ökumenischen Jury, dotiert mit 1.000 Euro in bar, gestiftet vom Erzbistum Berlin und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz beim „16. achtung berlin – new berlin film award“-Festival geht an:

ZUSTAND UND GELÄNDE

Regie: Ute Adamczewski

Begründung: Der Dokumentarfilm „Zustand und Gelände“ von Ute Adamczewski thematisiert die frühe Verfolgung und Internierung von Menschen, die vom NS-Regime als politische Gegner*innen ausgemacht worden waren. Lange und stille Bilder aus sächsischen Städten und Dörfern kombiniert die Regisseurin mit Berichten von Zeitzeug*innen, behördlichen Schreiben und Anordnungen aus den Jahren 1933/34. Die Sachlichkeit der minimalisierten Form unterstreicht den Inhalt des Verlesenen, die Bürokratie der Vernichtung von Menschenleben. Hier, an Orten des Alltags, heute wie vor 87 Jahren. Das was nicht zu sehen ist, tritt überdeutlich zu Tage, persönliche Schicksale, strukturelle Schuld, Verantwortung und Versagen. Ute Adamczewski und Stefan Neuberger hinter der Kamera konfrontieren die Zuschauenden mit Bildern der Gegenwärtigkeit des frühen nationalsozialistischen Terrors, in dessen Topografie wir bis heute leben, arbeiten, uns bewegen. Der Film ist eine cinematografische Meditation, deren Bilder uns Raum und Zeit neu erschließen und damit das Hier und Jetzt Schicht für Schicht offen legen. Die Kamera tastet mit uns gemeinsam die Oberflächen ab, um zum Inneren zum Erinnerten zu kommen. Diese Nähe hat uns nachdrücklich bewegt. „Zustand und Gelände“ ist Erinnerungskultur im besten Sinne in einer Zeit der allgemeinen gesellschaftlichen Besinnungslosigkeit.

Lobende Erwähnung:

JIYAN

Regie: Süheyla Schwenk

Begründung: Der Film Jiyan von Süheyla Schwenk erzählt in seiner komprimierten und konzentrierten Art eine Parabel über „Jiyan“ im Kurdischen das Wort für Leben. Eine kleine Familie flieht vor dem Krieg und kommt in Berlin bei Verwandten unter. Das Schicksal hält für einen Augenblick den Atem an. Die großen Themen, die auch hierzulande die Debatten um Migration bestimmen, bekommen in diesem Kammerspiel auf engstem szenischen und emotionalem Raum, eine Realität der wir uns nicht entziehen können. Liebe und Verzweiflung, Hoffnung und Ohnmacht, Angenommen Sein und Fremdheit liegen offen und offenbaren so die Verletzlichkeit des Lebens angesichts unmenschlicher und unbarmherziger Strukturen, die sich einfachen Schuldzuweisungen entziehen. Das Ensemble spielt eindrücklich diese klug gesetzte und ergreifende Partitur in dem die wenigen Instrumente sensibel aufeinander abgestimmt sind kein Takt zu viel ist und jeder Ton sitzt.

Mitglieder der Ökumenischen Jury:

Alexander Aehlig, Christoph Kießig, Friederike Höhn