75 Jahre Kriegsende

Nachdem wochenlang um jede Straße, um jedes Haus, ja um jede Etage erbittert gekämpft wurde, endete am 2. Mai 1945 die sogenannte „Schlacht um Berlin“. Am 8. Mai schließlich schwiegen die Waffen, Nazi-Deutschland hatte bedingungslos kapituliert.

Der Verkehr stand still, von Barrikaden und ausgebrannten Panzern aufgehalten, keine Sirenen mehr, keine Luftangriffe, aber auch kein ziviler Flugverkehr. Vermutlich läuteten auch keine Glocken. Zu viele Kirchen waren zerstört, Glocken zu Kanonen umgeschmolzen. Ob die Schreie der Verzweiflung oder vor Hunger zu hören waren? Oder ob man sie aus Angst unterdrückte? Ob das Schweigen der Waffen als befreiend erlebt wurde?

Am 8. Mai 1945 schwiegen die Waffen, aber es sollte lange dauern, bis Kapitulation und Niederlage auch als Befreiung vom Grauen des Krieges, von Nazi-Unterdrückung und Massenmord verstanden werden konnten. Es sollte lange dauern, bis man auch nur annähernd begreifen konnte, welche Katastrophe der Zweite Weltkrieg bedeutete. Bis heute wird über Opferzahlen gestritten, wird Schuld aufgerechnet, Verantwortung geleugnet.

Am 8. Mai 1945 schwiegen die Waffen. Wenn wir in diesen Tagen daran erinnern, dann aus zwei Gründen:
Wir dürfen die Toten dieses Kriegs nicht vergessen, nicht das sinnlose Morden in so vielen Ländern, das elende Sterben der Soldaten, den Holocaust, Hunger, Flucht und Vertreibung von so vielen Menschen.
Genauso wichtig ist aber, was wir als Deutsche Bischöfe so formuliert haben: Unser Dank gilt allen, „die geholfen haben, die Macht des Nationalsozialismus zu brechen, und ebenso allen, die in den folgenden Jahrzehnten für Frieden und Völkerverständigung, für Versöhnung und Recht, für Demokratie und würdige Lebensverhältnisse tätig waren. Die dankbare Erinnerung ist zugleich mit dem Auftrag verbunden, dieses Erbe in die Zukunft zu tragen.“ Wir sind gehalten, der Entzweiung des Nationalismus, des ‚völkischen‘ Denkens und autoritärer Herrschaft entschieden entgegenzutreten. Dazu dürfen wir nicht schweigen, nie!

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!