Die Passionszeit, in der wir uns gerade befinden, ist auch eine Zeit der Rückbesinnung. Es ist eine Zeit über das nachzudenken, was falsch war und seine Schlüsse daraus zu ziehen.
Ich muss in diesen Tagen an die Gespräche denken, die ich mit Opfern von Missbrauch geführt habe. Diese Gespräche gehören zu meinen bewegendsten Erfahrungen. Was ihnen zugefügt wurde, hat mich zutiefst erschüttert und beschämt. Was ihnen angetan wurde, ist nicht wieder gutzumachen.
In jedem Kind ist Jesus. Wie kann jemand, der jungen Menschen zur Seite stehen soll, sie begleiten soll auf ihrem Weg zu Gott, diese Kinder missbrauchen? Ein unfassbares Verbrechen. Nicht nur die Betroffenen, sondern viele Menschen haben deshalb das Vertrauen in die katholische Kirche verloren. Unsere Kirche sollte ein Ort sein, der Halt und Zuversicht gibt - aber auch hier haben Zweifel und Misstrauen Einzug gehalten. Und das nicht erst seit gestern.
Der Umgang mit dem fürchterlichen sexuellen Missbrauch hat tiefe Gräben aufgerissen und viele Christen in Zweifel gestürzt. Die gezielte Vertuschung der verwerflichen Taten durch geweihte Männer der Kirche – ein eigentlich undenkbarer Tabubruch. Ein innerkirchliches System, dem der eigene Schutz wichtiger war als das Leid der Betroffenen – von dieser Kirche haben sich Zigtausende in bitterer Enttäuschung abgewendet. Vertrauen wiederzugewinnen durch aufrichtige Wahrhaftigkeit, schonungslose Transparenz und konsequentes Handeln ist unsere einzige Chance. Es ist unsere Aufgabe jetzt alles zu tun, um falsche Haltungen radikal zu verändern. Die Richtung ist eingeschlagen. Präventionsstrukturen wurden aufgebaut, der Betroffenenbeirat und die Aufarbeitungskommission werden das Ihre tun, das ans Licht zu bringen, was geschehen ist.
Ja, wir haben zu viel Zeit verstreichen lassen. Aber wenn wir aus unseren Fehlern lernen, uns auf die urchristliche Botschaft besinnen, den Menschen beistehen, können wir unsere Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und Orientierung geben.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Palmsonntag.
