Ein neuer Seliger für Berlin?Seligsprechungsverfahren für Karmeliter Pater Hermann Cohen eröffnet

Berlin (kna/tdh). Mit 13 Jahren war er gefeierter Pianist in Paris. Mit 50, als katholischer Ordensmann, pflegte er französische Kriegsgefangene in Berlin und infizierte sich mit Pocken, an denen er starb. 145 Jahre nach seinem Tod in Berlin soll Hermann Cohen (1820-1871) nun selig gesprochen werden.


Das Verfahren der Seligsprechung für Pater Hermann Cohen leitete der Erzbischof von Bordeaux, Jean-Pierre Ricard, Mitte Januar ein – was bisher in Deutschland unbekannt blieb. Cohen sei ein Karmeliter gewesen, „dessen ungewöhnliches Leben es verdient, bekannt zu werden“, begründet Erzbischof Ricard den Schritt, der darauf zielt, dass der Kandidat regional verehrt werden darf.

Der 1820 in Hamburg als Sohn eines jüdischen Bankiers geborene Hermann gibt bereits als Kind umjubelte Klavierkonzerte. Mit 13 Jahren wird er in Paris Schüler des Komponisten und Pianisten Franz Liszt. Doch mit 27 Jahren ändert Hermann Cohen sein Leben: Nach der Vertretung eines Chorleiters in einer katholischen Messe ist er bis ins Innerste bewegt, hat ein Berufungserlebnis. Er lässt sich taufen, zahlt seine Schulden zurück und widmet sich fortan seinem Glauben. 1848 tritt er in Le Broussey bei Bordeaux in den Orden der Unbeschuhten Karmeliten ein.

Nach seiner Priesterweihe predigt Cohen in halb Europa und gründet eine Ordensniederlassung in London. 1868 erkrankt er schwer an den Augen. Im Wallfahrtsort Lourdes wäscht er die Augen an der Quelle – bis er nach neun Tagen „plötzlich und vollkommen geheilt“ wird. 1870/71, im Deutsch-Französischen Krieg, wird „der deutsche Pater“ wegen seiner Herkunft der Spionage verdächtigt. Er kehrt zurück in seine Heimat, wo er französische Kriegsgefangene in Spandau betreut. Dabei steckt er sich mit den Pocken an und stirbt im Januar 1871. Cohen wird in der Krypta der heutigen St.-Hedwigs-Kathedrale, damals noch Pfarrkirche, beigesetzt. 1943 werden seine Gebeine auf den Hedwigsfriedhof umgebettet, wo sie zu DDR-Zeiten weitgehend unbeachtet bleiben, bis die Grabstätte 2006 eine Stele erhält. Sie befindet sich immer noch auf dem Friedhof, anders als Cohens sterbliche Überreste. Auf Betreiben des Ordens wurden sie 2008 in die Klosterkirche von Le Broussey überführt.

Voraussetzung dafür, dass ein Seligsprechungsverfahren Aussicht auf Erfolg hat, ist eine bereits bestehende Verehrung. Diese fehlt hierzulande bisher fast völlig. „Schließlich sind Menschen nötig, die sich entsprechend dafür einsetzen“, erklärt Gotthard Klein, der im Erzbistum Berlin für solche Verfahren zuständig ist. Oft ziehen sie sich über viele Jahre oder gar Jahrzehnte hin.