„Eine Auszeit tut gut“

Was macht einen guten christlichen Ehevorbereitungskurs aus? Familienbischof Heiner Koch spricht über den Sinn der Ehe, den Wert des Streits und Grenzen der Vorbereitung.

Die christliche Ehevorbereitung ist Papst Franziskus in seinem Schreiben Amoris laetitia ein großes Anliegen. Die deutschen Bischöfe haben kürzlich ein Papier dazu veröffentlicht. Was sagen Sie? Welche Themen müssen in Vorbereitungskursen angesprochen werden?

Das fängt schon damit an, dass wir den Begriff Ehe erklären müssen. Gesamtgesellschaftlich wird sie als eine zeitlich begrenzbare Verbindung mit gewissen rechtlichen Konsequenzen gesehen. Nach dem katholischen Verständnis ist die Ehe aber eine lebenslange Bindung zwischen Mann und Frau, die im Prinzip bereit sind, Leben weiterzuschenken. Da haben wir eine große Diskrepanz.

Wie soll die Kirche auf diese Diskrepanz reagieren? Entweder man traut möglichst viele Paare kirchlich und hofft, dass bei dem ein oder anderen etwas hängenbleibt. Oder man legt die Latte höher, traut weniger Paare und gibt dem Sakrament eventuell einen höheren Stellenwert.

Es wird darum gehen, einen verantworteten Mittelweg zu gehen. Eine gewisse Einsicht in das, was die sakramentale Eheschließung bedeutet, muss man voraussetzen können, bevor Paare heiraten. Wir können unsere Sakramente nicht verscherbeln. Man darf die Ehevorbereitung aber auch nicht überfordern. Der Vorbereitungskurs darf nicht zu einem Leistungskurs werden. Ich kann auch mit mehreren Treffen und Gesprächen nicht alles ausgleichen, was in Jahrzehnten an religiöser Bindung und Prägung nicht vorhanden war.

Wie würden Sie denn einen Vorbereitungskurs gestalten?

Ich könnte mir drei Abendtermine vorstellen: Einmal allein nur mit dem Paar, dann in einer Gruppe von Paaren, die alle heiraten wollen, und dann vielleicht in einem kleineren Kreis mit anderen Paaren, die schon 25 oder 50 Jahre verheiratet sind.

Klingt spannend. Wie kommen Sie darauf?

Bei Visitationen in den Gemeinden plane ich oft ein Gespräch mit Paaren ein, die im vergangenen Jahr geheiratet haben oder in diesem Jahr heiraten werden. Dazu lade ich ein Silber- und ein Goldpaar ein, die aus ihrer Perspektive des Unterwegsseins berichten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich dann nur noch einen guten Gesprächseinstieg brauche und es läuft von allein. Wenn ich wieder gehe, bleiben die Paare noch beisammen und tauschen manchmal Einladungen zur Hochzeit aus.

Bei so guten Gesprächen reicht also ein Kurs in drei Teilen?

Ja, meines Erachtens ist das eine respektable Größe. Ich würde mit freiwilligen Aufbau-Elementen weiterarbeiten, die auch das geistliche Leben, das Glaubensleben berühren, und mit geselligen Teilen. Ich hoffe darauf, dass das Ganze so gut läuft, dass die Paare sagen: „Das tut uns gut.“ Auch für die Kurse müsste gelten: Der Appetit kommt beim Essen.

Dann sind die Wochenendkurse, die häufig angeboten werden, ja auf einem guten Weg.

Tatsächlich halte ich ein ganzes Wochenende nicht für gut. Ich würde mich lieber an zwei Wochenenden jeweils nur einen Tag treffen. Man braucht zwischendurch Zeit zum Sprechen und Nachdenken. Es muss Luft dazwischen sein, sonst könnte es zu sehr einer Akademietagung gleichen. Wir wollen ja zeigen, was die Ehe mit der Freude der Liebe zu tun hat. Warum es nicht irgendeine moralische Instanz, sondern ein Stück Evangelium ist. Wir erfahren wirklich, wie gut es ist, diesen Weg mit Gott und Christus zu gehen. Das ist nicht eine Last oder eine Frage von Moral, sondern eine Ermutigung.

Sollte ein Ehevorbereitungskurs nicht auch Methoden vermitteln, um Konflikte in der Ehe zu bewältigen?

Natürlich sollte man diese Dinge ansprechen. Allerdings haben die meisten Paare ja schon eine gemeinsame Geschichte. Und ich hoffe, dass die meisten Paare auch schon einmal Krach erlebt haben. Ich glaube, ich hätte Bammel, wenn ich mit meinem Partner nie eine Auseinandersetzung, auch schon heftigere, gehabt hätte. Auch bei diesem Punkt sollten die Paare einfach ihre Erfahrungen untereinander austauschen. Ein neutraler Außenstehender kann das dann natürlich aufgreifen und weiterführen.

Warum würden Sie Paaren empfehlen, einen Kurs zu buchen?

Weil ich glaube, dass es ihnen guttut, sich vor der Ehe noch einmal eine Auszeit zu nehmen. Noch einmal ihren Weg von außen anzuschauen, auch perspektivisch. Ehe und Familie – das ist mehr als das junge Paar. Es werden neue Fragen auftauchen: Ich heirate in eine Familie hinein, übernehme zum Beispiel Verantwortung für die Eltern meines Partners. Was bedeutet das? Ich werde selbst alt – was bedeutet das für uns? In der Ehevorbereitung werden wichtige Fragen aufgeworfen und ich bin oft erstaunt, dass die sonst nie gestellt werden.

Dennoch schrecken viele Paare vor einem Ehevorbereitungskurs zurück. Woran liegt das?

Das Ehesakrament ist bei uns eine private Familienfeier, die möglichst nicht gestört werden soll. Alles, was diesen Charakter sprengt oder erweitert, wird als Problem angesehen. Bei der Ehe- und Familiensynode habe ich von den afrikanischen Bischöfen erfahren, wie sehr sie die Feier der Eheliturgie als Feier der Kirche verstehen. Die Gemeinde feiert mit dem Brautpaar die Trauung und gestaltet auch das Fest. Die Gemeinde zu beteiligen, ist dort eine selbstverständliche Größe. Ich glaube nicht, dass sich in Afrika irgendjemand die Frage stellt, ob man mehr Vorbereitungskurse braucht.