Im Licht der Wahrheit bleiben

Foto: Walter Plümpe

An den 85. Todestag des Blutzeugen Erich Klausener hat das Erzbistum mit einem Gottesdienst erinnert. Er war zu Anfang des NS-Regimes Berlins einflussreichster katholischer Laie.

„Er schätzte die Wahrheit höher als sein Leben“, sagte Dompropst Tobias Przytarski letzten Sonntag am Grab von Erich Klausener in der Kirche Maria Regina Martyrum. Anlass war die Erinnerung an den 85. Todestag des ersten Blutzeugen für Glaubens- und Gewissensfreiheit des Erzbistums Berlin. Am 30. Juni 1934 wurde der Berliner Leiter der Katholischen Aktion in seinem Dienstzimmer im Reichsverkehrsministerium ermordet. Wiederholt hatte er ab 1933 die antikirchliche Politik der Nationalsozialisten kritisiert. Zuletzt auf dem Märkischen Katholikentag am 24. Juni 1934 in Hoppegarten vor 60 000 Teilnehmern.

„Sei wahrhaftig in deinem Handeln!“

„Wohl dem Menschen, der Gottes Wege geht“, stimmte Pfarrer Lutz Nehk bei der Statio in der Krypta an. Klausener habe von Gott Zeugnis gegeben als Opfer ungerechter Gewalt. Eine Kerze erinnerte an das Motto des Gedenkens: „Sei wahrhaftig in deinem Handeln!“ Eine der letzten Notizen des Blutzeugen.
„Gott, unser Vater, du hast uns in der Taufe zu Kindern des Lichtes gemacht. Lass nicht zu, dass die Finsternis des Irrtums über uns Macht gewinnt, sondern hilf uns, im Licht deiner Wahrheit zu bleiben.“ Diesen Gedanken aus dem Tagesgebet stellte Prälat Przytarski seiner Predigt in der gut besetzten Gedenkkirche voran. Das Schicksal Klauseners zeige, wie schwer es ist, im Licht der Wahrheit zu bleiben. Der als Selbstmord eines „Volksfeindes“ von den Nazis dargestellte Mord an Klausener habe den Konflikt zwischen dem Absolutheitsanspruch des NS-Staates und christlichem Leben sichtbar gemacht. „Mitten im Getümmel der Gegenwart ist das Licht der Wahrheit nicht immer so leicht zu erkennen.“

Wichtig sei, im Wesentlichen fest zu bleiben – wie Klausener mit seiner Treue zur Kirche. So deutete Przytarski das Tagesevangelium als „ungemütlichen Kommentar zur Nachfolge“. Wer glaubt, verliere den „Nestschutz“, müsse Vorbehalte gegen die Nachfolge aufgeben und sich von allen Bindungen lösen. Klausener habe das schmerzhaft erfahren. „Scheinbar haben seine Gegner triumphiert, doch siegte das Licht der göttlichen Wahrheit. So wurde Erich Klausener Christus ähnlich.“

Im Anschluss an den Gottesdienst begrüßte Werner Sygnecki vom „Freundeskreis Dr. Erich Klausener“ Gäste zu einem Referat zum Stand der Klausener-Forschung. Professor Hermann-Josef Scheidgen aus Köln sprach über den Gegner des Nationalsozialismus. Auf Grund seiner Quellen- Analysen kam er zum Schluss: „Klausener hat durch sein öffentliches Bekenntnis zum katholischen Glauben und durch seine Lebensführung unter Gottes Schutz ein Martyrium in katholischer Sicht erlitten.“ Mit seiner „schwierigen Suche“ nach Redetexten – Klausener hat meist frei gesprochen – hofft er, Bausteine für einen Seligsprechungsprozess zu sammeln.

Am Rande der Begegnung verteilte Josef Wieneke, Pfarrer von St. Matthias in Schöneberg, eine neue Broschüre über den Blutzeugen: Erich Klausener (1885– 1934), Staatsbeamter und Katholik, Historische Hefte zum Kiez am Klausenerplatz. Im Geleitwort zur Darstellung seines Lebens auf 20 Seiten begründet Wieneke die Ermordung Klauseners damit, dass „er der einflussreichste katholische Laie in Berlin war“. Die Bosheit des NS-Regimes habe er unterschätzt. „In seinem sozialen Engagement könnte er heute noch Vorbild für unsere Eliten sein. Menschen wie er täten uns heute auch gut.“

Im November folgt eine weitere Auseinandersetzung mit Klausener unter dem Titel: „Wie lange muss einer Hitler-Gegner gewesen sein, um als Glaubenszeuge anerkannt zu werden?“