In der Ferne Ideen sammelnNeue Akzente in der Priesterfortbildung

Alicia Gutierrez, Vera Krause, Mark Lesage CICM (v.l.n.r.) und Estela Padilla (vorn) im Holocaust-Mahnmal. Foto: Dieter Tewes/nh

Zwei Philippinerinnen und ein Belgier mit gut 50 Jahren Lebens- und Glaubenserfahrung auf den Philippinen besuchten in der vergangenen Woche das Erzbistum Berlin. So bereiteten sie sich auf den Besuch aus dem Erzbistum vor.

Im November werden sich zehn Pfarrer und vier leitende Mitarbeiter aus dem Ordinariat des Erzbistums Berlin auf den Philippinen fortbilden. Für den begonnenen Prozess „Wo Glauben Raum gewinnt“, mit dem sich das Erzbistum auf die Herausforderungen einer sich verändernden Gesellschaft vorbereitet, hat das Dezernat Personal auch die Fortbildung für Priester neu ausgerichtet. Denn in den nächsten Jahren „sehen auch wir uns mit den entstehenden pastoralen Räumen und zukünftigen neuen Pfarreien konfrontiert, in denen sich die Rollen und Aufgaben der Priester und der hauptberuflich Mitarbeitenden ausdifferenzieren und verändern werden“, so Monsignore Hansjörg Günther, Dezernatsleiter Personal, in einem Schreiben an die Priester des Erzbistums.

Und so geht es im November für 14 Tage in das Pastoralinstitut Bukal ng Tipan (Quelle des Bundes) nahe der philippinischen Hauptstadt Manila. Das Institut hat im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils zahlreiche pastorale Methoden und Praktiken entwickelt, die auch für das Erzbistum Berlin und ganz konkret für die Führungs- und Leitungskompetenz der Teilnehmenden inspirierend sein können. Die Arbeit dort ist keine theologische Forschungsarbeit, sondern das Resultat jahrzehntelanger eigener pastoraler Praxis der Mitarbeitenden, die gerade auch aus Fehlern gelernt haben.

„Auf der Reise wird es nicht darum gehen, pastorale Konzepte zu kopieren“, betont Vera Krause, Leiterin der Stabsstelle für weltkirchliche Aufgaben im Erzbistum Berlin und mit der Leitung der Reise beauftragt. „Vielmehr geht es darum, sich von einer anderen kirchlichen Wirklichkeit, einer anderen Arbeitsweise, anderen spirituellen Ausdrucksformen herausfordern, bereichern und anregen zu lassen. Kollegen aus anderen deutschen (Erz-)Bistümern wie Paderborn, Hildesheim, Erfurt, Münster oder Dresden-Meißen haben dies bereits mit Gewinn getan. Das Entscheidende dabei ist, das neu Gewonnene behutsam in den eigenen Kontext zu übertragen. Diese Arbeit werden auch wir hier im Erzbistum miteinander leisten müssen.“

Qualifizierungskurs mit weltkirchlicher Lernreise

Wurden Pfarrern bisher durch Führungskräftetrainings Werkzeuge vermittelt, die die Leitungskompetenz stärken, so hat das Erzbistum begonnen, für die künftigen Anforderungen komplexer Leitungsaufgaben einen Qualifizierungskurs für Pfarrer zu etablieren, zu dem jeweils eine weltkirchliche Lernreise gehört. Die erste soll auf den südostasiatischen Archipel führen. Eine wichtige Fragestellung ist dabei die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Kirche, was sowohl eine Generations- als auch eine Milieufrage ist. Wie kann es auch in Zukunft gelingen, den Graben zwischen gesellschaftlichem Alltag und religiöser Lebenskultur so einladend zu überbrücken, dass Menschen gern mitgehen?

Doch bevor es soweit ist, wollen Pater Mark Lesage CICM (Kongregation vom Unbefleckten Herzen Mariens), Dr. theol. Estela Padilla und Alicia Gutierrez vom Bukal-Institut einen Eindruck vom Erzbistum bekommen. Der ist vielversprechend. Sie zeigen sich beeindruckt davon, wie bewusst sich Menschen hier für den Glauben entscheiden und sich in der Kirche engagieren. „Auf den Philippinen ist Kirche noch viel stärker selbstverständlicher Teil der Gesellschaft“, erläutert Padilla. „Junge Menschen etwa stehen nicht am Rand ihrer Generation, wenn sie sich religiös interessieren und engagieren.“

Mehr Katholiken, genauso „wenig“ Kirchgänger

Alicia Gutierrez ergänzt: „Über 80 Prozent der Menschen auf den Philippinen sind katholisch. Doch auch bei uns gehen nur 15 bis maximal 20 Prozent aller Katholiken regelmäßig in die Kirche.“ Das liegt nicht viel über dem deutschen Durchschnitt, doch in Deutschland ist die Kirchendichte höher, weshalb die Kirchen leerer sind. Das fällt den Besuchern aus den Philippinen auf. Der Besuch Lesages, Padillas und Gutierrez‘ in Berlin ist übrigens ein gutes Beispiel für den „anderen“ Arbeitsstil des Bukal-Instituts, findet Krause: „Das Team will unser Erzbistum kennenlernen, will Geschichte und aktuelle Atmosphäre schnuppern, bevor es zur gemeinsamen Kursarbeit mit der Berliner Gruppe kommt. Welche Fragen haben die Menschen hier im Erzbistum? Was ist ihr Traum von Kirche für die Zukunft? Was sind diesbezüglich ihre Sorgen? Um davon wenigstens eine Ahnung zu bekommen, investiert Bukal viel Zeit und Geld. Das ist in Deutschland ja eher nicht so üblich.“

Und so absolvierte Krause mit den drei Gästen aus der Ferne ein anspruchsvolles Besuchsprogramm: Sie waren beispielsweise im Holocaust-Mahnmal, bei der Gedenkstätte Berliner Mauer, im Stasi-Museum und in der Ausstellung „Katholiken in der DDR“. „Die jüngere Geschichte hat das Erzbistum sehr geprägt“, weiß Krause. „Und deswegen möchte ich, dass die drei diese Hintergründe gut verstehen.“

Am Wochenende freuten sich alle über die Erfahrung lebendiger Gottesdienste „mit allen Generationen“, wie vor allem Padilla und Gutierrez freudig betonen. Mit Blick auf die Reise im November werden jetzt erst einmal der Hirtenbrief „Wo Glauben Raum gewinnt“ und auch die pastoralen Leitlinien ins Englische übersetzt. Dann könnte es schon fast losgehen. Übrigens: „Die anfallenden Kosten des neuen Qualifizierungskurses und der Lernreise werden nicht höher sein als für andere qualifizierte Weiterbildungsangebote der vergangenen Jahre“, gibt das Erzbistum bekannt. „Der Etat für Fortbildungen wird nicht erhöht.“