Berlin. Viele Flüchtlingen ließen sich taufen, berichten Medien aus einer freikirchlichen Gemeinde. Im Interview spricht Jesuitenpater Christoph Soyer, der als Leiter der Katholischen Glaubensinformation regelmäßig Taufkurse für Erwachsene anbietet, über seine Erfahrungen.
Pater Soyer, welche Erfahrung machen Sie mit Flüchtlingen, die sich katholisch taufen lassen wollen?
Faktisch habe ich mehr mit Journalisten zu tun, die diese Frage stellen, als mit den konkreten Flüchtlingen selbst. Angesprochen werde ich auf den evangelischen Pfarrer Martens, der hunderte von Flüchtlingen tauft, aber das erlebe ich selbst so nicht.
Was bedeutet das in Zahlen ausgedrückt?
Ich habe aus fünf oder sechs Gemeinden Anfragen, in denen Pfarrer, Kaplan oder Gemeindemitglieder zum Beispiel durch Sprachkurse Kontakte zu Flüchtlingen haben. Dort haben je eine bis drei Personen den Wunsch geäußert, sich taufen zu lassen. Natürlich kann auch jeder Pfarrer in seiner eigenen Pfarrei taufen; es ist nicht nötig, mit dem Taufwunsch zu mir zu kommen. Daher kenne ich keine Zahlen für die ganze Stadt oder das Erzbistum. Ich glaube aber, es sind insgesamt nicht so viele.
Wie reagieren Sie auf die vorhandenen Anfragen?
Gemeinsam mit einer Mitarbeiterin werde ich ab Herbst einen Glaubens- und Taufkurs auf Englisch anbieten, nicht ausschließlich für Flüchtlinge, sondern allgemein. Von Seiten der Gemeinden besteht oft erst einmal die Anfrage, ob es sinnvoll ist, die Flüchtlinge in einen Kurs zu schicken, weil sie die Sprache noch nicht verstehen. Auch die Frage nach der Beheimatung ist schwierig. Oft ist die Lösung eher, sich in der Pfarrei mit den ein, zwei Syrern zu treffen, vielleicht auch noch mit einigen Gemeindemitgliedern, um die Taufbewerber dort vorzubereiten. Es geht um ein Hineinwachsen in die Gemeinde und um viel mehr, als nur theologisches Wissen zu vermitteln.
Gibt es Überlegungen, Schnellkurse zur Taufe für Flüchtlinge anzubieten?
Es ist – nicht nur bei mir, sondern bei allen beteiligten Pfarrern, Kaplänen, Gemeindemitgliedern – völlig klar, dass es nicht darum gehen kann, eine „Zack-Zack- Taufe“ anzubieten. Es ist unsere Tradition, dass Taufvorbereitung Zeit braucht – acht Monate oder mehr. Wenn die Flüchtlinge dann noch mit Aufenthaltsfragen und vielen anderen Dingen beschäftigt sind, ist es ebenfalls nicht förderlich. Die Taufe steht am Ende eines Weges.
Wenn aber die Taufe helfen könnte, einen Aufenthaltsstatus zu erlangen?
In den Gesprächen mit den Hauptamtlichen hat niemand gesagt: Wir taufen erstmal, um den Aufenthaltsstatus zu erreichen. Der Taufe muss ein Weg vorangehen, das ist unausgesprochen klar.
Haben Sie schon Flüchtlinge getauft?
Ich persönlich noch nicht. Mitbrüder vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst haben Flüchtlinge getauft, aber nur wenige. Ich werde demnächst eine geflohene Frau taufen. Die Wenigen sind nicht erst seit einigen Monaten hier, sondern sind schon zwei bis drei Jahre da.
Dann sind Flüchtlinge nicht der Weg, um unsere Kirchen neu zu füllen?
Das nicht. Aber im Sinn der Lebendigkeit sind Erwachsentaufen und Konversionen wunderbar. Die Flüchtlinge können für die Pfarreien wertvoll sein, weil sich die Gemeinden für etwas Neues öffnen und sich in Bewegung setzen müssen. Die Flüchtlinge können auch insofern eine Chance bedeuten, weil sie – als Muslime – noch einmal neu die Frage nach der Bedeutung der Schrift und der Person Jesus stellen.
Wie weit prüfen Sie, wenn ein Flüchtling kommt und sich taufen lassen will, die Motivation?
Ich mache keinen Unterschied zwischen Flüchtingen und anderen Erwachsenen, die sich taufen lassen wollen. Ich kann nicht beurteilen, wie stark der Glaube ist. Es gibt formale Kriterien: Die Teilnahme am Kurs ist wesentlich, Offenheit und Interesse, sich ein geistliches Leben anzueignen. Aber es gibt keine Prüfung.
Wenn aber einer kommt und sagt: Ich möchte mich taufen lassen, um den Asylantrag besser durchzubringen?
Dann würde ich es nicht machen. Zum einen dauert da der Taufkurs zu lange, um zu helfen. Und wenn es keine andere Motivation gibt als den Asylantrag, schaue ich eher, ob es eine andere Art gibt zu helfen. Die Taufe nur für den Asylantrag – das wäre mir zu wenig.