Das Jugendzentrum „Manege“ in Berlin hilft schwer erreichbaren Jugendlichen auf dem Weg ins Leben – und arbeitet auf christlicher Grundlage.
Im „Blaumann“ und mit Schutzbrille steht Benjamin an der Bohrmaschine und bearbeitet einen kleinen Metallwürfel. Er bohrt kleine Punkte hinein, die er vorher mit einem Hammer und einem kleinen Meißel markiert hat. In der Metallwerkstatt der „Manege“ im Berliner Stadtteil Marzahn, einer Einrichtung für junge Menschen mit den Schwerpunkten Jugendsozialarbeit, Jugendberufshilfe und Jugendhilfe können sich Benjamin und viele andere Jugendliche in mehreren Werkstätten ausprobieren, ihre Fähigkeiten entdecken und auf diese Weise auf Ausbildung, Beruf oder einen Schulabschluss vorbereitet werden.
Seit 2005 tragen zwei Ordensgemeinschaften, die Salesianer Don Boscos und die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel, diese Einrichtung gemeinsam, die auch optisch aus der Umgebung hervorsticht: Inmitten der riesigen Plattenbausiedlung fällt direkt hinter dem S-Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße der bunte, moderne Glasbau der „Manege“ ins Auge. In einem Gebäude dahinter liegen die Werkstätten, in denen Benjamin gerade an seinem Spielewürfel arbeitet. Dabei bohrt er die Punkte, die den Wert anzeigen, in das Metall hinein.
Seit November 2020 lebt der mittlerweile 21-Jährige hier, hat ein Zimmer in der Einrichtung und wird auf das Berufsleben vorbereitet. Den Schulabschluss hat er noch geschafft, doch dann blockierten psychische Probleme seine weitere Entwicklung. Vorher hatte er bereits in einer betreuten Wohngemeinschaft gelebt, doch da, so erzählt er, musste er mit 18 Jahren ausziehen. Schließlich landete er im Obdachlosenheim – als junger Mann zusammen mit Alkohol- und Drogenabhängigen. Das Jobcenter machte ihm zwei Angebote, eines davon war die Manege. Benjamin entschied sich für die Einrichtung in Marzahn, weil er hier auch wohnen konnte. Und er ist froh über diese Entscheidung: Hier erhält er Förderunterricht und lernt, seinen Arbeitstag zu strukturieren.
Lebensnahes Arbeiten mit Jugendlichen
„WegeMut“ heißt dieses Projekt der Aktivierungshilfe, das von Lars Sebastian geleitet wird. Neben der Metallverarbeitung gibt es gleich daneben eine Holzwerkstatt, außerdem die Bereiche Hauswirtschaft und Maler/Trockenbau – alles Tätigkeiten, die in der Einrichtung auch gebraucht werden. So helfen die Jugendlichen unter anderem beim Umbau der Wohnbereiche im Haus mit, erklärt Lars Sebastian. Andere bauen ein Bett aus alten Euro-Paletten oder einen Hindernisparcours für Kaninchen. „Wir legen Wert auf lebensnahe Arbeiten“, sagt der Projektleiter.
Die Arbeit mit so genannten schwer erreichbaren Jugendlichen ist einer der Schwerpunkte der „Manege“, sagt Erik Mohring. Er ist stellvertretender Leiter der Einrichtung, selbst Sozialarbeiter und seit 2008 mit dabei. „Es sind Jugendliche, die nicht erreicht werden wollen – manchmal aus Unkenntnis der Angebote, die es gibt, manchmal aus schlechten Erfahrungen“, erläutert Mohring. Die Gründe dafür sind vielfältig: Vernachlässigung, Verwahrlosung, Sucht und Abhängigkeiten der Eltern. „Das ist bei jedem Jugendlichen eine andere Geschichte“, erzählt der Sozialarbeiter. Die Folge: Den jungen Menschen fehlen Vorbilder, meist haben sie keine Tagesstruktur. Die Manege reagiert darauf an ihren drei Berliner Standorten in Marzahn, Reinickendorf und Treptow-Köpenick mit einer „aufsuchenden Sozialarbeit“: Sie machen Hausbesuche, sprechen Jugendliche gezielt an – zum Beispiel, wenn sie sich schon länger nicht mehr beim Jobcenter gemeldet haben. Dabei geht es ihnen nicht um Kontrolle, sondern um ein Hilfsangebot, um „unmittelbar spürbare Unterstützung“, wie Erik Mohring betont. Zweimal die Woche sind auch Beratungsbusse in Hellersdorf und Reinickendorf unterwegs, zudem ist die Manege in Marzahn rund um die Uhr erreichbar – auch nachts können hier Jugendliche Hilfe und Obdach finden.
Ebenso können die jungen Menschen bei der Manege ihren Schulabschluss nachholen – gerade aktuell zum 1. März hat sie vom Berliner Senat die Anerkennung als staatlich anerkannte Ersatzschule erhalten, wie Mohring stolz berichtet. Von der einfachen oder Erweiterten Berufsbildungsreife (EBBR) bis zum Mittleren Schulabschluss (MSA) sind hier alle Abschlüsse möglich – außer dem Abitur. Auch eine Ausbildung zur „Fachkraft im Gastgewerbe“ können die Jugendlichen hier absolvieren und ihr Können in der hauseigenen Kantine tagtäglich unter Beweis stellen. In den anderen Werkstätten des Projekts „WegeMut“ ist keine Ausbildung möglich – hier geht es eher darum, „schwer erreichbaren“ Jugendlichen zu helfen, ihren Weg im Leben zu finden. Bei Benjamin ist die Hilfe offenbar auf fruchtbaren Boden gestoßen. In diesem Jahr will er eine Ausbildung zum Fachinformatiker beginnen. Obwohl es ihm hier nach eigener Aussage gefällt, sagt der junge Mann überzeugt: „Man will ja nicht ewig hier bleiben.“
Info:
Manege gGmbH, Otto-Rosenberg-Straße 1, 12681 Berlin
Telefon: 0 30 / 85 60 68 62 51
www.manage-berlin.de, info(ät)manege-berlin.de