Noch gibt es Spielräume zur Gestaltung

Neben Kirchensteuereinnahmen und planbaren Zuwendungen können die Katholiken im Erzbistum immer wieder auch mit Spenden rechnen – so wie hier für den Caritas-Foodtruck. Foto: Walter Wetzler

Nach welchen Maßstäben wird entschieden, wofür im Erzbistum Geld ausgegeben wird? Wer kontrolliert, ob alles korrekt läuft? Nach der Veröffentlichung des aktuellen Haushaltsplans hat der Tag des Herrn Christoph Lehmann befragt. Der Berliner Notar gehört zum Diözesan-Vermögensverwaltungsrat.

Für die Bistumsverwaltung ist im aktuellen Haushaltsplan viermal soviel Geld vorgesehen wie für die Caritas. Setzt das Erzbistum da aus Ihrer Sicht die richtigen Prioritäten?

Dass die beim Ordinariat angesiedelten Kosten so hoch sind, hat nachvollziehbare Gründe. Im Zuge des Prozesses „Wo Glaube Raum gewinnt“ sind viele Aufgaben, die sonst vor Ort erledigt wurden, gebündelt worden, etwa bestimmte Verwaltungsaufgaben. Das führt zu einer Entlastung der Pfarrer, aber zu einem Anstieg des Verwaltungsanteils im Haushaltsplan. Langfristig wäre es aber sicher gut, wenn der Anteil der Gelder, die Gemeinden zur freien Verfügung haben, wieder größer werden würde.

Der Vergleich mit der Caritas passt da nicht: Die Caritas ist vor allem ein gemeinnütziges Unternehmen der Sozialwirtschaft. Viele ihrer Tätigkeiten werden durch den Staat oder öffentliche Kassen finanziert. Daher ist sie in erster Linie selbst gefordert, mit diesen Mitteln ebenso wie andere Träger gut zu wirtschaften.

Die Haushaltsmittel des Erzbistums können langfristig nur für solche Aufgaben der Caritas gerechtfertigt werden, für die es keine Refinanzierung gibt, die aus kirchlicher und sozialer Sicht aber wichtig erscheinen.

Sie gehören mit dem Diözesanvermögensverwaltungsrat und der Vertreterversammlung der Kirchenvorstände gleich zwei ehrenamtlichen Gremien zur Finanzkontrolle im Erzbistum an. Geht es in diesen Gremien nur darum, dass das Erzbistum am Ende keine roten Zahlen schreibt oder gibt es andere Kontroll-Maßstäbe?

Das wesentliche Kriterium ist, dass nur Ressourcen eingesetzt werden, die auch vorhanden sind. Zugleich darf Ressourcen-Knappheit uns natürlich nicht davon abhalten, unserer Aufgabe als Kirche gerecht zu werden und vernünftige pastorale Arbeit zu machen. Beides ist bei jeder Entscheidung mit im Blick.

Wie gerecht ist das Geld eigentlich unter den Gemeinden verteilt? Gilt das Gießkannenprinzip? Haben Gemeinden mit vielen reichen Gemeindemitgliedern mehr Geld zur Verfügung? Haben Flächengemeinden einen Ausgleich?

Die Kirchensteuereinnahmen wandern in einen allgemeinen Topf und werden von dort nach bestimmten Schlüsseln an die Gemeinden verteilt. Allerdings haben es Kirchengemeinden beispielsweise in Berlin-Dahlem oder Zehlendorf einfacher als im Wedding, zusätzliche Gelder zu akquirieren, Spenden etwa oder Erbschaften. Bei der Verteilung der Gelder kann das in gewissem Umfang berücksichtigt werden, zum Beispiel wenn es um die Übernahme von Baukosten geht.

Können Kirchenvorstände vor Ort frei entscheiden, ob sie vorhandenes Geld lieber für ein pastorales Projekt oder für die Vergoldung der Altarleuchter ausgeben oder gibt es da Vorgaben?

Der Anteil der zugewiesenen Mittel, über die Gemeinden frei entscheiden können, ist zwar eher gering. Wenn es um höhere Beträge geht und auch bei Auftragsvergaben muss das Ordinariat gefragt werden. Aber in dem vorgegebenen Rahmen gibt es Entscheidungsspielräume.

Wirkt die Finanzkrise von 2003 eigentlich noch nach?

Wir sind finanziell sehr gut aus der Finanzkrise gekommen, aber das strenge Sparregime, dem wir uns damals unterzogen haben, steckt noch in den Köpfen. Die Sorge, dass das Kirchenschiff wieder finanziell ins Schlingern geraten könnte, sitzt tief. Akuten Anlass, dass dies bald wieder geschehen könnte, sehe ich aber nicht. Natürlich: wir dürfen keine Luftschlösser bauen und keine ungedeckten Schecks in die Zukunft ausstellen. Aber wir stehen stabil da. Insbesondere bei der Vorsorge für die Pensionszusagen stehen wir im Vergleich zu manch anderem Bistum sehr gut da. Dort wird erst mit der Umstellung auf die kaufmännische Buchführung, also einer Bilanzierung, wie sie für Unternehmen vorgeschrieben ist, deutlich, welche Risiken bei der Altersversorgung schlummern.

Lässt die aktuelle Finanzlage überhaupt Spielraum, um Akzente zur Gestaltung der Kirche zu setzen?

Die Entwicklung der Kirchensteuerzahler stimmt nachdenklich. Berlin gehört zu den Bistümern, die – vor allem durch Zuzüge – lange einen wachsenden Trend verzeichnet haben. Seit zwei, drei Jahren gibt es auch hier die bereits seit langem vorhergesagte Trendwende, es gibt leider eine hohe Zahl von Kirchenaustritten. Ob diese Entwicklung anhalten wird, wissen wir nicht sicher.

Auch bei den Immobilien wissen wir noch nicht, was da alles an Gefahren schlummert. Bei vielen kirchlichen Gebäuden ist jahrzehntelang wenig in die Instandhaltung gesteckt worden. Manchmal gibt es für Immobilien nur noch wenige Nutzer, aber hohe Nutzungskosten.

Im Zuge ihrer Neugründung müssen sich die Pfarreien ja damit auseinandersetzen, ob sie ihren gesamten Immobilienbestand künftig benötigen. Es ist die Aufgabe der Kirchenvorstände zu entscheiden, ob sie etwa einen Gemeindesaal behalten, der ein, zwei Mal in der Woche genutzt wird oder ob sie andere Lösungen erwägen.

Eine weitere Herausforderung ist das Thema Klimaneutralität: Ungedämmte Häuser, die nach den Methoden der 60er Jahre geheizt werden, sind da oft regelrechte Schmutzschleudern. Ich möchte Ihre Frage daher so beantworten: Wir haben große Aufgaben, viele Herausforderungen, aber trotzdem noch immer genug Spielräume, das eine oder andere zu gestalten.