Noch im hohen Alter aktiv

Elisabeth Ladewig im Zimmer ihrer Wohngemeinschaft. Foto: Corina Martinas

Elisabeth Ladewig wohnt im Caritas-Seniorenwohnhaus St. Elisabeth Velten. Seit Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich. Dabei kann die 85-Jährige aus ihrer langjährigen Erfahrung als Gemeindereferentin schöpfen.

Frau Ladewig, wie lange sind Sie schon Ehrenamtliche?

Eigentlich schon immer, schon zu Schulzeiten. Damals gab es für Jugendliche, die sich engagieren wollten, ein „Krankenhaus-Diakonat“, um die Schwestern im Hedwig-Krankenhaus zu entlasten. Aus unserer Pfarrei waren wir etwa zehn Leute, zwischen 18 und 25 Jahre alt. Man musste sich dann verpflichten, für eine bestimmte Zeit, immer an einem Sonntag im Monat, wenn die Schwestern wenig Personal hatten. Wir halfen in der Krankenhausküche. Es ging mehrere Jahre so, bis 1961 die Mauer kam. Da war ich 23. Damals wurde die S-Bahn gekappt und es war dann zu schwierig, rüberzufahren.

Wie sah ihr Berufsleben aus?
Später, als ich als Gemeindereferentin im Bistum angestellt war, habe ich nie auf die Uhr geguckt. Wir haben so lange gearbeitet, wie Arbeit da war. Ich hatte keinen festen Arbeitstag. Aber das habe ich alles gerne gemacht.

Im Ruhestand ging es weiter ...
Ende der 1990er Jahre habe ich hier im Seniorenheim in Velten angefangen, als Ehrenamtliche. Ich kannte Schwester Lucia aus unserer Gemeinde. Sie war die erste Seelsorgerin hier und so beliebt, dass die Leute noch heute von ihr sprechen. Sie hat uns gezeigt, wo sie uns brauchte. Ich habe Sitztänze mitbegleitet, eine alte, blinde Dame ein paar Jahre betreut, und in jüngerer Vergangenheit war ich auch oft am Empfang am Wochenende oder später, in der Corona-Zeit, als die Besucher in Listen aufgenommen wurden und dadurch mehr Arbeit anfiel.

Was motiviert Sie?
Also eigentlich … der liebe Gott! (lacht)

Der liebe Gott motiviert Sie?
Ja! Sehen Sie, er hat mir keine Familie gegeben, er hat mir Freiheit gegeben, dass ich machen kann, wo ich gebraucht werde. Das war im Beruf als Gemeindereferentin … Ich musste gar nicht auf die Uhr gucken, um festzustellen: „Ich muss jetzt nach Hause zu meinen Kindern oder zu meinem Mann“ oder so – ich hatte immer Zeit. Und so war es bei der ehrenamtlichen Arbeit auch. Dann habe ich mir gesagt: Wenn Gott mir die Gesundheit und die Zeit und die Fähigkeiten gibt, zum Beispiel Seniorentanz zu machen oder Geschichten vorzulesen, dann mach ich es!

Also Gabe und Aufgabe, sozusagen. Ja. Was sich so ergibt. Ich habe eigentlich nicht direkt gesucht. Es ergab sich so. Oder wenn jemand aus der Gemeinde mal im Krankenhaus lag, dann habe ich den natürlich regelmäßig besucht.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Ihnen und einer Ordensschwester? Sind Sie eine zivile Nonne?
(lacht) Ich habe keine Verpflichtungen! Etwa zum Gebet, dreimal am Tag, oder weiß ich wie oft. Wenn am Tag keine Messe ist, bete ich Laudes oder Vesper. Und ich habe keine Ordenstracht. Der Chef im Seelsorgehelfer-Seminar wollte uns damals eine Einheitstracht geben. Da haben wir nicht mitgemacht! Alle sagten: „Da hätten wir ja in einen Orden gehen können.“ Nein. Beruflich haben wir dem Bischof unterstanden, ähnlich wie Priester.

Diesen Gehorsam mussten Sie leisten.
Ja. Es gibt das Bild von meiner Sendungsfeier, bei der wir den Segen vom Bischof bekamen. Kardinal Bengsch, der hat sich für uns verantwortlich gefühlt, hat sich wirklich für uns eingesetzt. Und als er mich auf meine erste Stelle schickte, sagte er: „Aber wenn da was los ist, kommst du zurück. Märtyrer wollen wir nicht.“ Er hat uns ja alle geduzt, weil er uns aus der Jugend kannte. Und er hat auch immer Wort gehalten. Mit dem Gehorsam ihm gegenüber hatte ich kein Problem.

Wie sieht Ihre Woche heute aus?
Meistens habe ich einmal täglich eine Aktion. Montag gibt es die Seniorenrunde im Michaelshaus, mit Kaffeerunde und Kartenspiel. Am Dienstag gehe ich nachmittags zum Computerkurs ins Bürgerhaus, wo wir unter Anleitung selbst Filme erstellen. Mittwochs ist vormittags Gottesdienst und nachmittags einmal im Monat Diabetikergruppe, das mache ich dann für mich. Am Donnerstag gibt es im Moment nichts, am Freitag helfe ich am Vormittag beim Gottesdienst im Seniorenzentrum mit, danach ist der halbe Tag um. Einmal im Monat mache ich einen Bibelkreis. In der Gemeinde mache ich sonntags auch ehrenamtlich Küsterdienst. Zu bestimmten Zeiten im Jahr organisiere ich auch Andachten.

Woher beziehen die viele Kraft?
Es ist ein Geben und Nehmen. Wenn ich komme, kennen mich alle und sind auch alle nett zu mir, denn ich helfe, wenn sie mich brauchen. Sie wissen: Sie können immer fragen. Meistens kann ich es einrichten. Aber es geht mir nicht um ethische Gründe, sondern das ist die zweite Hälfte vom Glauben. Es ist ja erst mein Glaube und dann dazu die Nächstenliebe. Die gehören zusammen. Ein Beispiel ist die Trommelgruppe, bei der ich mich auch engagiert habe. Die kam kürzlich als Überraschungsbesuch zu meinem Geburtstag und spielte für mich. Diese Menschen sind zu einer Ersatzfamilie für mich geworden.
Worauf kommt es an, dass sich auch künftig junge Menschen für das Ehrenamt begeistern lassen können?
Voraussetzung ist immer der Glaube, an Gott oder einfach an das Gute in der Welt, an das Gute in Menschen, denn an irgendetwas glaubt jeder Mensch, sonst kann man ja gar nicht leben.