Seit 15 Jahren führt der deutsch-polnische ökumenische Pilgerweg Völker und Konfessionen in persönlichen Begegnungen zusammen. In diesem Jahr pilgert jeder für sich. Die sozialen Medien verbinden dennoch.
Normalerweise träfen sich in diesen Tagen bis zu 50 Gläubige in der polnischen Stadt Gniezno/ Gnesen, östlich von Poznán/Posen, um den deutsch-polnischen ökumenischen Pilgerweg zu gehen. Sie hätten nun Isomatte, Schlafsack und Pilgerbrevier im Gepäck und gut 440 Kilometer gemeinsamen Weges vor sich.
Die sieben Etappen können in diesem Jahr nicht in der gewöhnlichen Form absolviert werden, weshalb sich die Organisatoren etwas Außergewöhnliches ausdachten. Die Teilnehmer pilgern nun nicht in der physischen Gemeinschaft, sondern in digitaler Verbundenheit. Die Männer und Frauen sind angehalten, allein oder nur in kleinen Grüppchen zu pilgern. Die besondere Idee ist, die mittlerweile traditionelle Reise nicht ausfallen zu lassen, sondern die Teilnehmer zu motivieren, den Weg dennoch zu gehen und dabei Fotos, sowie kurze Videos zu erstellen. Ziel ist es, die entstandenen Werke jeden Sonnabend auf den Social-Media-Kanälen des ökumenischen Europa- Centrums Frankfurt (Oder) zu veröffentlichen.
Gemeinsames betonen und Völkerverständigung
Übernachtet wird gewöhnlich in Pfarrhäusern oder sogar Schulen, die sich am Weg befinden. Entlang der Strecke kommen sich die Menschen näher, Sprachbarrieren werden kleiner. Die Geschichte der beiden Länder wird zu ganz persönlichen Geschichten, die sich die Wallfahrer gegenseitig erzählen.
Und so ist es auch ganz selbstverständlich, dass der evangelische Gottesdienst, die heilige Messe, sowie die zahlreichen Stundengebete gemeinsam stattfinden. Ein eigens erstelltes zweisprachiges Pilgerheft hilft dabei.
Die Gruppe ist nicht nur kulturell, sondern auch altersmäßig bunt: Der jüngste Pilger ist acht Jahre jung und die älteste Teilnehmerin mehr als zehnmal so alt. „Es ist für uns immer ein besonderer Höhepunkt, wenn wir unsere Pilgerrosen pflanzen“, erzählt Tobias Fleischer, der schon seit vielen Jahren mit dabei ist. Es handelt sich dabei um eine gelb blühende Rosenart, welche nun entlang des Weges Wurzeln schlägt. Dieses Symbol soll die Geschichte der beiden Nachbarstaaten anschaulich machen.
Deutsch-polnische Freundschaft stiften
Die Federführung bei der Organisation hat Justus Werdin, der ziemlich stolz darauf ist, einen Teil zur Völkerverständigung beizutragen: „Das Spannende ist der ökumenische und kulturelle Austausch zwischen Polen und Deutschen, Katholiken und Protestanten.“ Im jährlichen Wechsel beginnt die Pilgerreise entweder in Gniezno oder in Magdeburg und führt jeweils durch Brandenburg. Bereits 2002 hatte Werdin die Idee zu dieser Form gelebter Ökumene, kam aber zunächst nicht mit seiner Idee durch die erzbischöflichen Strukturen in Gniezno. Er schrieb seine Idee auf eine DIN-A4-Seite und übergab diese dem persönlichen Referenten von Erzbischof Henryk Muszyński, doch lange Zeit kam keine Antwort. Schließlich traf sich der protestantische Pastor aus Deutschland aber mit dem polnischen Erzbischof und 2005 konnte die erste Wallfahrt beginnen. „Wir wollten damals die deutsch-polnische Versöhnung voranbringen“, erinnert sich Werdin und fährt fort: „Das ist auch gelungen.“