Prävention, Intervention, Aufarbeitung Tätigkeitsbericht 2023

Prävention

Schulungen, Auffrischungen und Ausbildungskurse

Im Jahr 2023 wurden in Verantwortung der Servicestelle Prävention 132 Präventionsschulungen und Kurse mit insgesamt 1.805 Teilnehmenden durchgeführt.

Von 2012-2023 haben damit insgesamt 823 Kurse mit 13.496 Teilnehmenden stattgefunden, darunter 110 Fortbildungen zur vorgesehenen Vertiefung/Auffrischung. 2023 konnten Präventionsschulungen für ehrenamtliche Besuchsdienste mit insgesamt 10 Sensibilisierungen etabliert werden. Bei der Gesamtzahl der Schulungen sind die Veranstaltungen des Caritasverbandes, der Jugendverbände und anderer eigenständiger katholischer Rechtsträger im Erzbistum Berlin nicht berücksichtigt.

Seit 2012 sind insgesamt 235 Schulungsreferent:innen für die Arbeitsfelder Stationäre Jugendhilfe, Jugend(verbands)arbeit, Pfarrgemeinden, Caritas, Behindertenhilfe, Gesundheitshilfe und Altenhilfe ausgebildet worden, die Präventionsschulungen vor Ort durchführen und vom Präventionsbeauftragten in regelmäßigen Fach- und Austauschtreffen begleitet und fortgebildet werden. Von diesen sind aktuell noch ca. 95 Personen aktiv. 2023 wurden insgesamt 13 neue Schulungsreferent:innen für Pfarreien, Caritas und Jugendarbeit ausgebildet.

Seit 2019 wurden 77 Präventionsbeauftragte für Pfarrgemeinden und Krankenhäuser ausgebildet, die ebenso wie die Schulungsreferent:innen begleitet und fortgebildet werden. Von diesen sind derzeit noch ca. 40 Personen aktiv. 2023 fanden zwei Ausbildungskurse für Präventionsbeauftragte in Pfarrgemeinden mit insgesamt 9 Teilnehmenden statt.

Institutionelles Schutzkonzept (ISK)

Alle katholischen Schulen in Trägerschaft des Erzbistums Berlin haben bereits 2012/2013 ein Institutionelles Schutzkonzept (ISK) erarbeitet. Zwischen 2016 und 2022 fanden eine erste Weiterentwicklung und die Erarbeitung eines Verhaltenskodex statt. 2023 haben 3 Schulen ihr ISK überarbeitet und aktualisiert.

Für die Pfarrgemeinden gilt eine Frist zur Erstellung bis ein Jahr nach Gründung der neuen Pfarrei; der Prozess der Neugründung von Pfarreien ist noch nicht abgeschlossen. 2023 haben 15 Pfarreien ein ISK erarbeitet bzw. ihr bestehendes überarbeitet.

Von den insgesamt 27 bis 2023 gegründeten neuen Pfarreien hatten 25 ein genehmigtes Institutionelles Schutzkonzept. Von den Pfarrgemeinden, die sich noch nicht als neue Pfarrei konstituiert haben, haben bereits 10 Pfarrgemeinden ein ISK beschlossen. Zusammengenommen lag Ende 2023 bei 35 der insgesamt 51 Pfarrgemeinden ein genehmigtes ISK vor. In den noch ausstehenden 16 Pfarreien wird es 2024 und spätestens 2025 erarbeitet.

Im Erzbischöflichen Ordinariat sind im Bereich Pastoral Institutionelle Schutzkonzepte für die Gefängnisseelsorge, die Polizeiseelsorge und die Familienpastoral erarbeitet worden. Für das Erzbischöfliche Ordinariat selbst wurde der Erarbeitungsprozess begonnen, er soll 2024 abgeschlossen werden.

Bei 55 der insgesamt 67 Kitas in Trägerschaft einer Pfarrei lag Ende 2023 ein genehmigtes Institutionelles Schutzkonzept vor. Mittlerweile besteht dies auch bei den übrigen 12 Kitas. Mit „Hedi Kitas“, dem neu gegründeten Zweckverband der katholischen Kirchengemeinden für Kitas im Erzbistum Berlin, wurden Absprachen für die Umsetzung der Präventionsvorgaben des Erzbistums Berlin getroffen und ein regelmäßiger Fachaustausch vereinbart.

Dienstvereinbarung und Dienstanweisung zum Verhaltenskodex

Entsprechend der neuen Vorgabe in der kirchlichen Dienstvertragsordnung (DVO) wurde mit den Mitarbeitendenvertretungen (MAVen) des Erzbischöflichen Ordinariats, der katholischen Schulen, der Lehrkräfte für katholische Religionslehre, der Begegnungs- und Familienferienstätte St. Otto Zinnowitz, des Metropolitankapitels sowie der Sondervertretung für die Pastoralen Mitarbeitenden eine Dienstvereinbarung zum Verhaltenskodex geschlossen und eine inhaltsgleiche Dienstanweisung für alle Beschäftigten, für die die Dienstvereinbarung keine Anwendung findet, erlassen. Den Pfarreien wurden für ihre Beschäftigten entsprechende Muster zur Verfügung gestellt.

Stärkung von Minderjährigen

Seit 2017 finden in allen katholischen Grundschulen Präventionsworkshops für Kinder, meist in der 3. oder 4. Klasse, durchgeführt von einem externen Träger und begleitet durch Lehrkräfte/Schulsozialarbeit, statt. Der Arbeit mit den Kindern geht grundsätzlich ein Elternabend voraus.

2023 wurde in 24 Schulklassen in 11 Grundschulen das Projekt „Mein Körper gehört mir!“ der Theaterpädagogische Werkstatt Osnabrück durchgeführt, für die schulischen Ansprechpersonen fand ein Fach- und Austauschtreffen statt.

Prävention in Ausbildung

Seit dem Wintersemester 2021 ist Prävention verpflichtender Bestandteil des Curriculums an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB). 2023 fanden insgesamt 10 Blockseminare für Studierende statt, die als Intensivschulung anerkannt werden.

In der Fachschule für Sozialpädagogik und der Berufsfachschule für Sozialassistenz Edith Stein ist Prävention seit 2019 in der Ausbildung verankert.

In der Pflegeschule St. Hildegard Akademie Berlin ist Prävention in das Curriculum aufgenommen worden, 2023 fanden dort 8 Basisschulungen für Auszubildende statt.

In der Ausbildung von Priestern ist das Thema Prävention seit 2012 fest integriert.

Veröffentlichungen

Zusammen mit der Jugendseelsorge, dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und dem Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. wurde ein Plakat für Kinder und Jugendliche entworfen, das die wichtigsten Regeln des Verhaltenskodex für Erwachsene und Gruppenleiter:innen illustriert. Das Plakat ist mittlerweile fertiggestellt und veröffentlicht.

In Kooperation mit anderen Diözesen wurde mit der Erarbeitung eines „Wimmelbilds“ für die Altenhilfe begonnen, dieses ist mittlerweile ebenfalls fertiggestellt.

Katholisches Netzwerk Kinderschutz im Erzbistum Berlin

Im Erzbistum Berlin vernetzen sich katholische Träger und bieten als Katholisches Netzwerk Kinderschutz regelmäßig Fachtage für berufliche und ehrenamtliche Mitarbeitende an. 2023 wurde der Fachtag „Scham und Beschämung – Vom wertschätzenden Umgang mit einem tabuisierten Gefühl“ vorbereitet, der am 28. Februar 2024 mit 126 Teilnehmenden stattgefunden hat https://www.katholisches-netzwerk-kinderschutz.de/fachtag-bei-euch-aber-soll-es-anders-sein/fachtag-scham-und-beschaemung/.

 

Intervention, Aufarbeitung

Vorwürfe

Im Jahr 2023 wurden insgesamt 10 Vorwürfe sexualisierter Gewalt an Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen durch Kleriker, vom Erzbischof beauftragte Ordensangehörige und andere haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter:innen im kirchlichen Dienst im Erzbistum Berlin durch die unabhängigen Ansprechpersonen gemeldet.

Davon betrafen 5 Meldungen aktuelle Sachverhalte, 1 Meldung einen Sachverhalt, der 15 Jahre zurück liegt, und 3 Meldungen sog. „Altfälle“, die mehr als 40 Jahre zurückliegen. Eine Meldung war anonym: ein konkreter Sachverhalt konnte nicht erfragt werden und der Beschuldigte wurde nicht sicher identifiziert.

2 der Meldungen betrafen Kleriker, beide Beschuldigte sind aus anderen Vorgängen bekannt und bereits verstorben, es handelt sich um „Altfälle“.

Seit dem Jahr 2002 wurden damit insgesamt 135 Verdachtsfälle sexualisierter Gewalt erfasst. Die Vorwürfe gehen bis in das Jahr 1947 zurück.

Kirchenrechtliche und strafrechtliche Verfahren

Im Jahr 2023 wurden keine kirchenrechtlichen Vorverfahren gegen Beschuldigte eingeleitet. Die den staatlichen Ermittlungsbehörden vorgelegten Sachverhalte wurden seitens der Staatsanwaltschaften der beteiligten Bundesländer Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern entweder als strafrechtlich nicht relevant eingestuft oder aufgrund Verfolgungsverjährung oder Tod des Beschuldigten eingestellt. Die 5 aktuellen Meldungen hatten unabhängig davon dienst- und arbeitsrechtliche Konsequenzen für die Beschuldigten.

Anträge auf Anerkennung

Im Jahr 2023 wurden durch die unabhängigen Ansprechpersonen insgesamt 24 Anträge auf Anerkennung des Leids gestellt, davon 7 Erstanträge, 7 Anträge nach Ziffer 12 und 10 sind Widersprüche. Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) hat im Jahr 2023 insgesamt 138.000 EUR zugesprochen und durch das Erzbistum Berlin an Betroffene ausgezahlt. Insgesamt hat Berlin 37 Anträge bei der UKA eingereicht und 782.000 EUR an Anerkennungsleistungen ausbezahlt. Im Jahr 2023 hat das Erzbistum Berlin rund 35.000 EUR Zusatzleistungen an Betroffene ausbezahlt und ca. 3.000 EUR an Therapiekosten übernommen.

Nachsorge

Nachsorge findet vielfältig statt. Neben Nachsorgegesprächen– zur weiteren Begleitung und Unterstützung – mit den Betroffenen wie mit den Beschuldigten wurden auch 4 Gespräche in Schulen und 4 in Pfarreien geführt. In 2 Schulen wurden Studientage zur Thematik veranstaltet.

Gespräche und Unterstützungsangebote für „irritierte Systeme“

In der Folge des Gutachtens „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich des Erzbistums Berlin seit 1946“ von 2021 gibt es das Angebot, über konkrete Missbrauchsfälle, aber auch über Haltungen ins Gespräch zu kommen. Dieses Angebot wurde 2023 von 3 Pfarreien und 1 Schule angenommen.

Interdiözesane Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs (IKA)

Die interdiözesane Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs (IKA) hat sich am 10. Mai 2023 konstituiert und ihre Arbeit aufgenommen.

Unabhängige Ansprechpersonen

Am 1. Dezember 2023 hat die Psychologin und angehende Psychotherapeutin Greta Kluge als weitere Unabhängige Ansprechperson für Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen durch Kleriker, Ordensangehörige oder andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst begonnen. Sie unterstützt damit die bisherigen Ansprechpersonen Dina Gehr Martinez und Torsten Reinisch.

Die unabhängigen Ansprechpersonen sind keine Beschäftigten im Erzbistum Berlin. Sie handeln vom Erzbistum weisungsungebunden nach den Vorgaben der jeweils gültigen Interventionsordnung.

Unabhängige Ansprechpersonen bieten Betroffenen, die sich direkt im Erzbistum melden, Gespräche an. Sie handeln immer im Sinne der Betroffenen.

Zusammengestellt von der AG PIA:

  • Burkhard Rooß, Präventionsbeauftragter
  • Birte Schneider, Interventionsbeauftragte
  • Dina Gehr Martinez und Greta Kluge, unabhängige Ansprechpersonen

Stand: 31. Dezember 2023