Nach schwerer Krankheit ist Domkapellmeister i.R. Michael Witt gestern verstorben. Das Erzbistum Berlin, das Witt viel verdankt, trauert um den langjährigen Leiter der Chöre der St. Hedwigs-Kathedrale und weiß sich den Angehörigen, insbesondere seiner Frau und seinen Kindern verbunden.
Wie die Familie mitteilte, findet die Beisetzung am 4. April 2012 um 9:30 Uhr auf dem ev. St. Petri/St. Georgen-Friedhof statt.
Das von Domkapellmeister Witt mit der Ökumenischen Seniorenkantorei einstudierte Chorkonzert am kommenden Sonntag, dem 25. März 2012, 19:30 Uhr in der St. Hedwigs-Kathedrale findet statt.
Die Aufführung von „Der Tod Jesu“, einem Werk des Komponisten Carl Heinrich Graun (1704-1759), wird musikalisch geleitet von Witts Nachfolger, Domkapellmeister Harald Schmitt. Karten zum Preis von 15 € (erm. 10 €) sind erhältlich im Kathedralforum (Hedwigskirchgasse 3) sowie im Internet unter <link http: www.chortickets.de>www.chortickets.de.
Michael Witt wurde 1940 in Saloniki geboren. Während des Studiums der Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin (Staatsexamen) leitete er den Studentenchor der Evangelischen Studentengemeinde. Das Studium der Kirchenmusik in Halle schloss er mit dem A-Examen ab und setzte seine Ausbildung in den Fächern Chor- und Orchesterleitung an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin fort.
Bereits als Kantor und Organist der Berliner Pfingstkirche (1965-1975) leistete er eine umfassende Chor- und Ensemblearbeit. 1975 wurde er als Domkantor an die St. Hedwigs-Kathedrale berufen, wo er neben dem Domchor von St. Hedwig mehrere weitere Ensembles ins Leben rief, um die kirchenmusikalische Arbeit an der Kathedrale vielfältig zu gestalten. Die Pflege der Alten Musik und deren historischer Aufführungspraxis ist seit diesen Jahren ein besonderes Anliegen seiner Arbeit.
1983 wurde er zum Domkapellmeister ernannt, 1993 zum Leiter der Domsingschule von St. Hedwig. Seit 1. September 1998 ist er Leiter des Chores der St. Hedwigs-Kathedrale Berlin. Anlässlich seines 60. Geburtstages und 25-jährigen Dienstjubiläums am 27. Februar 2000 wurde ihm von Kardinal Georg Sterzinsky die „Silberne Hedwigsmedaille“ - die höchste Auszeichnung des Erzbistums Berlin - verliehen. Im Jahr 2005 gründete er im Ruhestand die Ökumenische Seniorenkantorei Berlin, die er bis zuletzt leitete.
Nachruf von Domkapellmeister Harald Schmitt:
Die Nachricht vom Tode von Domkapellmeister i.R. Michael Witt erfüllt mich mit großer Trauer. Ich habe meinen Vorgänger im Amt stets als großzügigen, hilfsbereiten und kompetenten Kollegen erlebt, der mir insbesondere in meiner Anfangszeit hier in Berlin wie selbstverständlich mit Rat und Tat zur Seite stand.
Bis zu seiner schweren Erkrankung konnte ich nie wirklich erkennen, dass er eigentlich im Ruhestand ist: an vielen Stellen hat er mir ausgeholfen, z.B. die Leitung der Choralschola übernommen oder einfach auch nur mitgesungen, wenn Not am Mann war. So hat er zuletzt noch am dritten Fastensonntag die Vesper in der St. Hedwigs-Kathedrale übernommen.
Der Name Michael Witt hat einen guten Klang in Berlin, über Jahrzehnte hat er nicht nur die Kirchenmusik an der Kathedrale geprägt, ungezählt sind seine liturgischen Dienste, ebenso wie seine Konzertaufführungen. Was er gerade auch unter den Bedingungen der DDR geleistet hat, kann ich als Neu-Berliner kaum wirklich einschätzen. So ist es sein großes Verdienst, im geteilten Berlin die kirchenmusikalische Tradition an der St. Hedwigs-Kathedrale wieder neu begründet zu haben. Er gilt zu Recht als einer der Pioniere der historischen Aufführungspraxis in Berlin.
Mit mir trauern zahlreiche Sängerinnen und Sänger der Chöre der St. Hedwigs-Kathedrale um ihren Chorleiter, dem sie durch Proben, Gottesdienste, Konzerte und Chorfahrten eng verbunden sind.
Die Feier der Kar- und Ostertage ist für jeden Kirchenmusiker eine besonders intensive Zeit. In diesem Jahr weiß ich mich meinem geschätzten Vorgänger in den Gottesdiensten von Gründonnerstag bis Ostermontag besonders verbunden, ist es uns doch vergönnt, das Geheimnis unseres Glaubens nicht nur zu bekennen, sondern es zu singen: Auf jeden Karfreitag folgt ein Osterfest.