Die Kuratorin der geplanten Ausstellung "Körperwelten" bringt es selber auf den Punkt: "Der große Hype ist vorbei." Besser kann man die Rezeption der Arbeit des Präparators Gunther von Hagens nicht beschreiben.
In wie vielen Städten wurden die "Körperwelten" nicht schon gezeigt? Wie viele empörte oder begeisterte Bürger haben sich dazu nicht schon auf allen Kanälen geäußert? Meiner Meinung stünde eine Beerdigung der Schau schon deshalb an, weil die "Körperwelten" einfach in die Jahre gekommen sind. Nur weil eine Ausstellung einmal oder mehrere Male erfolgreich die Sensationslust der Menschen eines vergangenen Jahrhunderts befriedigt hat, soll sie jetzt das Zeug haben, zukünftige Massen von Touristen auf dem Alexanderplatz weiter zu bilden. Der Bildungsanspruch ist so schal wie die Behauptung, dass die Menschen, die hier gezeigt werden, Kunstwerke seien. Kein Mensch ist ein Kunstwerk. Einige Menschen sind Künstler. Aber sie arbeiten heutzutage mit Videos oder ganz traditionell mit Farbe und Pinsel. Künstler zeichnen gerne Menschen. Die anatomischen Bücher haben in der Medizin eine lange Tradition.
Als ich das erste Mal mit den Arbeiten des Herrn von Hagen konfrontiert wurde, habe ich mich spontan vor den Verstorbenen verneigt. Es war eine thematische Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn in den 90er Jahren. Keine Vorwarnung, die Damen und Herren standen einfach im Raum. Es war mir unangenehm toten Menschen in einem Museum zu begegnen. In der Geschichte der Malerei fallen mir dagegen großartige Beispiele von Darstellungen ein, die einen Verstorbenen zeigen, z.B. die Beweinung Christi von Andrea Mantegna.
Im Zusammenhang mit Gevatter Tod kommen mir nicht medizinische Fragen in den Sinn. Die Ehrfurcht vor dem Leib und der Seele eines Menschen, der verstorben ist, lehrt mich, demütig mit dem eigenen Leben und dem anderer umzugehen, ob sie mir nun nahestanden oder nicht.
Beim Aschermittwoch zeichnen wir Priester den Gläubigen ein Aschekreuz auf die Stirn. Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Die Palmzweige vom Palmsonntag des letzten Jahres werden gerade in den katholischen Gemeinden eingesammelt. Sie werden verbrannt und in der Liturgie vom Aschermittwoch verwendet. Dabei spricht der Priester: "Gedenke, o Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst. Der Herr aber wird dich auferwecken am Jüngsten Tag."
Auf den Sündenfall Adams reagiert unser Schöpfer mit einer harten Ansage: "Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Ackerboden; von ihm bist du ja genommen. Denn Staub bist du, zum Staub musst du zurück" (Genesis 3, 19).
Gerne beten wir: "Ich danke dir Herr, dass du mich so staunenswert gemacht hast" (Psalm 139).
Wer über das Leben staunt, sollte nicht vergessen, darüber zu staunen, wie wir Menschen uns verändern. Im Leben wie im Tod. Das ist der Gang der Dinge. Die Metamorphose des Menschen nimmt so oder so seinen Lauf. Das kann kein Mensch verhindern. Gottseidank!