Hat die Ehe noch Zukunft? Welchen Herausforderungen muss sich die
Seelsorge in der Ehe- und Familienpastoral stellen? Diesen Fragen ist eine
Fachtagung auf Initiative der Deutschen Bischofskonferenz in Freising
nachgegangen. Dabei diskutierten die Verantwortlichen für die Ehe- und
Familienpastoral in den deutschen Diözesen und angrenzender Nachbarländer
Möglichkeiten, wie man Ehe und Familie mit einer zielgerichteten Seelsorge
auch künftig hilfreich begleiten kann. Im Mittelpunkt stand die Frage nach der
Entwicklung zukunftsorientierter und flächendeckender Seelsorgekonzepte.
Der Vorsitzende der Kommission Ehe und Familie der Deutschen
Bischofskonferenz, Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky, machte auf den
Wandel der Rahmenbedingungen sowohl für Ehe und Familie als auch für die
Seelsorge aufmerksam: „Ehe und Familie haben vieles von ihrer
selbstverständlichen Plausibilität verloren. Oft genug ist es in einer zunehmend
pluralen Gesellschaft schwierig, einen passenden Partner und eine geeignete
Partnerin zu finden, um eine verlässliche Beziehung einzugehen und eine
Familie zu gründen. Hinzu kommen die Anforderungen der Arbeitswelt, die
Sorge um die Lebensqualität und vieles andere mehr. So stehen junge
Menschen, Paare und Familien häufig in einem Spannungsfeld zwischen
Wunsch und Wirklichkeit, das sich kaum auflösen lässt“, so Kardinal
Sterzinsky.
Deutlich sei deshalb der Wunsch vieler Menschen, von der kirchlichen
Seelsorge Unterstützung für das Leben in Ehe und Familie zu erhalten. Bereits
jetzt bietet die Ehe- und Familienpastoral der katholischen Kirche zahlreiche
Möglichkeiten der Unterstützung und Förderung an. Zehn Beispiele
gelungener Praxis ließen das während der heute zu Ende gegangenen Tagung konkret erfahrbar werden: Das Angebot reicht von der Beziehungsschule für junge
Erwachsene, die Gelegenheit zum Einüben grundlegender Paar- und Beziehungskompetenzen bietet, über eine „Schatzkiste des Glaubens“, die Anregungen zum Gespräch über die Religion in der Familie gibt, bis hin zur Segensfeier für Ehejubilare, die Dank und Anerkennung für viele gemeinsam gelebte Jahre der Partnerschaft zum Ausdruck bringt.
Der Erzbischof von München und Freising, Dr. Reinhard Marx, wies auf die Bedeutung
geeigneter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen für Ehe und Familie hin. Angesichts der strukturellen Rücksichtslosigkeiten, denen Familien nach wie vor in vielen Bereichen
begegneten, komme der Kirche in ihrem pastoralen Handeln auch die Aufgabe der
Anwaltschaft für Ehe und Familie zu. Beispiele gelungener Familienkatechese in der Tauf-, Kommunion- und Firmvorbereitung machten deutlich, dass umgekehrt auch die Kirche auf die Familie zählen könne. Im Bereich der religiösen Erziehung hätten Kirche und Familie sich vieles gegenseitig zu bieten, so Erzbischof Marx.
Im Gespräch zwischen Wissenschaftlern, kirchlich Verantwortlichen und Praktikern wurde
deutlich: Gute Ansätze, Ideen und Konzepte sind bereits vorhanden und werden in der Praxis stetig weiterentwickelt. Vor diesem Hintergrund kommt es auf eine optimale Vernetzung der Arbeit auch über die Bistumsgrenzen hinaus an. Ein besonderes Augenmerk wird künftig darauf gerichtet, die Ehe- und Familienpastoral in den größer werdenden pastoralen Räumen gut zu verorten. Ehen zwischen Katholiken und Partnern ohne Konfession brauchen ebenso Aufmerksamkeit wie Familien, die von Scheidung betroffen sind.
Kardinal Sterzinsky erinnerte an den Kern allen Engagements: „Wir müssen Christus im
Blick halten als denjenigen, der uns aussendet. Es tut der Seelsorge aus ihrem Innersten
heraus gut, sich diesen Ursprungspunkt immer wieder neu vor Augen zu führen. Dann können Christen getrost auf alle Menschen zugehen, ohne sich davor fürchten zu müssen, ihr Proprium, ihr Ureigenes, zu verlieren.“