Sonntagsschutz: "Sonn- und Feiertage sind für den Menschen da!"Kirchen rufen Bundesverfassungsgericht an

Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky und Bischof Dr. Wolfgang Huber haben auf einer Pressekonferenz am 11. Juni 2007 angekündigt, gegen das Berliner Ladenschlußgesetz Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzureichen.
Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und das Erzbistum Berlin werden mit ihrem Eintreten für den im Grundgesetz festgeschriebenen Schutz der Sonn- und Feiertage gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofkonferenz tätig werden. Wir dokumentieren hier das Statement von Kardinal Sterzinsky im Wortlaut:

"'Der Sonntag gehört zu den wichtigen Beiträgen des Christentums zur Kultur unserer Gesellschaft. Vielen ist bewusst, dass er maßgeblich zur Qualität menschlichen Zusammenlebens beiträgt. Weithin wird der Sonntag als gemeinsamer Ruhetag, als Schutz der Arbeitenden, als Symbol der Freiheit und als Tag des christlichen Gottesdienstes anerkannt und geachtet.' So steht es in der Gemeinsamen Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahre 1999.

Das Land Berlin hat nun den traurigen Ruhm erworben, von allen Bundesländern dieses hohe Gut des Sonntages am wenigsten zu achten und am nachlässigsten zu behandeln. Es gibt sonst kein Bundesland, in dem Verkaufsstellen an bis zu zehn Sonntagen im Jahr geöffnet sein dürfen, abgesehen davon, dass das neue Berliner Ladenöffnungsgesetz auch den Verkauf bestimmter Waren an den übrigen Sonn- und Feiertagen sehr großzügig regelt. Ich bedaure es sehr, dass Berlin damit zum Vorreiter einer weiteren Aushöhlung des grundgesetzlich verbürgten Schutzes des Sonntags als „Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ (Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV) geworden ist. Dies ist umso unverständlicher, als das Land Berlin soeben noch in Art. 21 des Evangelischen Kirchenvertrages Berlin zugesichert hat, dass der Schutz der Sonntage und kirchlichen Feiertage gewährleistet wird.

Die Sonn- und Feiertage sind unentbehrliche Bestandteile unserer in vielen Jahrhunderten gewachsenen Kultur. Sie sind für den Menschen da: An ihnen erfährt er in besonderer Weise seine Würde und seine Freiheit. Sie sind Zeiten der sozialen und familiären Begegnung, des Feierns, aber auch der Ruhe und Muße. Wer Sonn- und Feiertage zu Werktagen herabstuft, mindert deshalb die Lebensqualität und die Entfaltungsmöglichkeiten des Menschen. Die Sonn- und Feiertage haben für die Christen darüber hinaus eine besondere, spezifisch religiöse Bedeutung. Sie feiern den Sonntag als den Tag der Auferstehung des Herrn; zugleich ist der gemeinsame Ruhetag fest in den Zehn Geboten gegründet. Der Schutz des Artikel 140 GG in Verbindung mit 139 WRV umfasst auch diesen religiösen Sinngehalt der Sonntage, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem sogenannten Ladenschlussurteil vom 9. Juni 2004 ausgeführt hat; ich befürchte, dass er im Berliner Ladenöffnungsgesetz nicht mehr gewährleistet wird.

Ohne auf detaillierte verfassungsrechtliche Fragestellungen einzugehen, möchte ich doch zu bedenken geben, dass auch die Beschränkung der Öffnungszeiten an Sonntagen auf die Nachmittage, also auf die Zeit außerhalb der sogenannten „Hauptgottesdienstzeiten“, nach meinem Verständnis nicht geeignet ist, die verfassungsrechtlichen Vorbehalte zu zerstreuen. Das Grundgesetz kennt nämlich keinen nach Tageszeit abgestuften verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutz; der Sonntagnachmittag genießt keinen geringeren Schutz als der Sonntagvormittag.

Nachdem die Argumente der beiden Kirchen im Gesetzgebungsverfahren kein Gehör gefunden haben, sehen wir uns nun, was wir sehr bedauern, veranlasst, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Dabei sind wir davon überzeugt, dass es der Gesellschaft im Ganzen dient, wenn sich die Kirchen nachdrücklich für den Sonntagsschutz einsetzen."

(Statement als <link file:12553 _blank>Download)

Der Sonntagsschutz ist schon seit langem ein Thema, das den Kirchen am Herzen liegt, eine Übersicht zu den einschlägigen Stellungnahmen finden Sie auf den Seiten der <link http: www.dbk.de stichwoerter data index.html _blank>Deutschen Bischofskonferenz.