Der Erzbischof von Berlin, Georg Kardinal Sterzinsky, hat heute anlässlich einer Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erneut den Schutz des Sonntags gefordert. „Der Sonntag ist ein hohes Kulturgut für die gesamte Gesellschaft. Der Sonntag ist kein normaler Tag. Er hat eine besondere, spezifisch religiöse Bedeutung. Mit dem Sonntag ist der ganze Tag gemeint, und nicht nur die Zeit der Hauptgottesdienste“, so Kardinal Sterzinsky. Es gehe auch um die Frage der Religionsfreiheit. Kardinal Sterzinsky verwies auf das so genannte Ladenschlussurteil vom 9. Juni 2004 in dem das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hatte, dass der Schutz des Grundgesetzes auch den religiösen Sinngehalt der Sonntage umfasse. „Wenn ich es richtig sehe, kennt das Grundgesetz keinen nach Tageszeit abgestuften verfassungsrechtlichen Sonntagsschutz; der Sonntagnachmittag genießt keinen geringeren Schutz als der Sonntagvormittag“, sagte Kardinal Sterzinsky.
Hintergrund der Verfassungsbeschwerde, die die das Erzbistum Berlin und die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz eingereicht haben, ist das neue Ladenöffnungsgesetz in Berlin. Seit dem 17. November 2006 dürfen in der Bundeshauptstadt die Geschäfte an zehn Sonn- oder Feiertagen öffnen, darunter auch an allen vier Adventssonntagen. Diese Regelung lehnen die Kirchen als verfassungswidrig ab und verweisen dabei unter anderem auf den besonderen Schutz von Sonn- und Feiertagen durch Artikel 140 des Grundgesetzes.
Kardinal Sterzinsky erinnerte vor dem Bundesverfassungsgericht an den Sonntag, der durch den Gottesdienst geprägt sei, „aber auch durch eine Vielzahl unterschiedlichster sozialer und familiärer Aktivitäten. Dazu gehören auch solche mit religiöser Ausrichtung. Sonntägliche Arbeit erschwert es den Betroffenen und damit jedenfalls teilweise auch ihren Angehörigen, sich an diesen Aktivitäten zu beteiligen, was bis zum Verzicht darauf führen kann. Da hilft es auch nicht, wenn anstelle des Sonntags ein Werktag arbeitsfrei ist.“