Statement Erzbischof Dr. Rainer Maria Woelki zum Taizé-Jugendtreffen 2011 in Berlin

Taizé ist nach wie vor ein beeindruckender Ort. Vieles ist noch so, wie es sich Frère Roger nach dem Zweiten Weltkrieg vorgestellt hat:
Ein gastfreundlicher Ort, der allen offen steht, ein schlichter Ort, der das Nötigste bietet, um zum Eigentlichen zu kommen:
zur Begegnung untereinander, zur Versöhnung miteinander, zur Begegnung mit Gott.

Taizé kann überall sein - das ist die Grundidee des Europäischen Jugendtreffens, das schon 33 Mal in ganz Europa stattgefunden hat und jetzt endlich auch in Berlin! Ich freue mich sehr darauf und bin dankbar und gern Gastgeber für die vielen Jugendlichen, die wir ab dem 28. Dezember in Berlin erwarten dürfen.

Den Gedanken von Taizé, den Jugendlichen einen Platz in unseren Familien anzubieten für die Nacht, kann ich leider persönlich nicht umsetzen. Zum einen habe ich meine Familie nicht hier in Berlin, zum anderen werde ich in den Tagen kaum zuhause sein können, um ein guter Gastgeber zu sein. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich noch genügend Menschen finden, die 2qm Platz in ihrer Wohnung finden und Gastfreundschaft gewähren. Taizé ist schon lange auch hier in Berlin - in Ost und in West.

Schon 1986 war Roger Schütz in der St. Hedwigs-Kathedrale. Viele haben seitdem die Gesänge, Gebete und das Anliegen von Taizé in ihre Gemeinden mitgebracht und dort lebendig gehalten. Taizé-Gebete gab es, bevor die Brüder zur Vorbereitung kamen, und es wird sie weiter geben, wenn das Jugendtreffen vorbei ist.

Dazwischen schenken uns die Brüder von Taizé ein Fest: es wird gemeinsam gebetet, gegessen und getrunken, gelacht. Man kann Menschen aus ganz Europa kennenlernen und sich gemeinsam freuen. Gäbe es das Europäische Jugendtreffen nicht, müsste man es erfinden, gerade in dieser Zeit: Es ist ein Bekenntnis zu Europa.

Frère Roger selbst und auch sein Nachfolger Frère Alois hatten schon immer ganz Europa im Blick, auch als der „eiserne Vorhang“ Europa und diese Stadt geteilt hatte. Das Europäische Jugendtreffen macht uns deutlich, wie groß Europa wirklich ist.

Wir werden das an den jungen Menschen in den Straßen und S-Bahnen unserer Stadt sogar sehen können. Europa ist größer als die Euro-Länder und größer als die Euro-Krise. Der „Weg der Versöhnung“, den wir seit 1989 viel weiter gehen können - der friedlichen Revolution sei Dank - ist nicht zu Ende.

Er ist auch eine klare Absage an rechtsradikales Gedankengut. Ich will ausdrücklich an die Opfer rechter Gewalt erinnern, nicht nur an die Opfer des norwegischen Amokläufers und die Opfer einer rechtsradikalen Gruppe, die erst in den letzten Tagen aufgedeckt wurde. Deutschtümelndes und anderes nationalistisches Gedankengut, passen nicht zu einem europäischen Jugendtreffen. Sie passen grundsätzlich nicht, „wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind“. Ende Dezember werden es nicht zwei oder drei, sondern zwanzig- oder dreißigtausend sein, die sich in „Seinem Namen“ versammeln. Und es können auch gern mehr werden - bis zuletzt, auch ganz kurzfristig und kurz entschlossen. Das Europäische Jugendtreffen funktioniert ohne Akkreditierung, ohne Anmeldung – jedenfalls für kurz entschlossene Berliner – und mit großer Herzlichkeit und Gelassenheit.

Eines der Lieder, die in Taizé immer wieder  gesungen werden, geht auf einen Text der spanischen Heiligen Teresa von Avila zurück. Er lautet: „Nada te turbe – Nichts soll Dich ängstigen“. Wir Berliner Katholiken hatten ja in diesem Jahr schon mehrere größere Veranstaltungen und ich weiß, dass da im Vorfeld manches ängstigend sein kann. Ich wünsche allen Beteiligten für die letzten Wochen der Vorbereitung  dieses „Nada te turbe!“. Erhalten Sie sich die große Gelassenheit und das Gottvertrauen, mit dem Sie an dem bevorstehenden Jugendtreffen arbeiten!