Auftakt der zweisemestrigen Ringvorlesung „Ökumene einer Streitkultur? Luthers katholische Kontrahenten“. Zehn Jahre Guardini Stiftungsprofessur an der Humboldt-Universität zu Berlin.
„Ut unum sint – Wege zur Einheit nach der Kirchenspaltung“ lautet der Titel eines Vortrags, mit dem der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kurt Kardinal Koch, am 3. November 2014 eine über zwei Semester laufende Ringvorlesung des Guardini Lehrstuhls eröffnen wird. Die Vorlesungsreihe mit insgesamt 14 Einzelvorlesungen, die allesamt im Kontext des bevorstehenden Reformationsgedenkens 2017 stehen, widmet sich bedeutenden katholischen Kontrahenten Martin Luthers, die sich vor allem während der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert mit dem epochemachenden Ereignis der Reformation und dabei insbesondere mit der Lehre Martin Luthers auseinandergesetzt haben.
Die Vortragenden der Ringvorlesung aus Italien, Spanien, der Schweiz und Deutschland, wollen mit ihren Beiträgen das größtenteils von polemischer Absicht geprägte Bild korrigieren, wonach die Reaktionen von katholischer Seite auf die Luthersche Reformation ausschließlich im Zeichen der sehr viel später so genannten – und als Terminus wissenschaftlich nicht haltbaren – „Gegenreformation“ standen. Die Intention der Reihe besteht deshalb darin, die Variationsbreite der Argumente und das Differenzierungsvermögen der katholischen Kontrahenten Martin Luthers zu verdeutlichen, die das philosophische und theologische Denken in außerordentlicher Weise befruchtet haben. Neben großen Theologen und kirchlichen Gestalten wie Johannes Eck, Erasmus von Rotterdam, Cajetan, Girolamo Seripando, Bartolome Carranza, Ignatius de Loyola, Petrus Canisius, Roberto Bellarmin, Granvella (als Berater Karl V.), Leo X., Julius II., Paul III. werden Regenten wie Karl V., Ferdinand I. und Maximilian II. sowie als Institutionen die Fakultäten Löwen und Köln, Orden wie die Dominikaner und die Jesuiten, Ereignisse wie das Trienter Konzil als Reformantwort auf die Reformation und schließlich „Publikationsoffensiven“ wie der Catechismus Romanus in die Betrachtung einbezogen.
Im Rahmen zusätzlich geplanter akademischer Veranstaltungen sollen heutige Positionen der Konfessionenbeziehungen im Lichte eines neuerlichen Epochenumbruchs zu überprüfen und den von Säkularismus und von Multireligiosität bedingten Milieuwandel zu reflektieren. Es ist hierbei das besondere Anliegen der Guardini Professur, die vor zehn Jahren in der Humboldt-Universität zu Berlin wiedererrichtet wurde, nicht nur die wechselvolle kulturgeschichtliche Fernwirkung jener Auseinandersetzung mit Luther und der Reformation (z. B. mit Blick auf Aufklärung, Idealismus, Romantik) zu beleuchten, sondern auch um die aus dieser frühen Neuzeit resultierenden, oft in grober Verzerrung fortbestehenden Weltbilder mit aktuellen zeitdiagnostischen Erkenntnissen, Wertvorstellungen bzw. heutiger Alltagsmoral sowie deren medialer Resonanz zu konfrontieren.
Vor der Auftaktveranstaltung zur Ringvorlesung, zu der Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz, der Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin Grußworte sprechen wird, findet in der Berliner St. Hedwigskathedrale um 18 Uhr eine Ökumenische Vesper statt. Die Predigt wird der Landesbischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz Dr. Markus Dröge halten.
Die im Jahr 2004 gegründete Guardini Stiftungsprofessur für Religionsphilosophie und Katholische Weltanschauung war das Ergebnis intensiver Bemühungen, an Romano Guardinis langjährige Lehr- und Forschungstätigkeit in Berlin anzuknüpfen. Guardini war 1923 durch den damaligen preußischen Kultusminister Carl Heinrich Becker an die Friedrich-Wilhelm-Universität (die heutige Humboldt-Universität zu Berlin) auf den ad personam geschaffenen „Lehrstuhl für Religionsphilosophie und Katholische Weltanschauung“ berufen worden und hatte dort außerordentlich erfolgreich – auch gemessen an der Zahl und der Herkunft seiner Hörer – bis zu seiner Amtsenthebung 1939 durch die Machthaber des Dritten Reiches gewirkt. Derzeitiger Inhaber des Guardini Lehrstuhls ist Prof. Ugo Perone von der Università Piemonte Orientale / Vercelli. Die Guardini Professur wird seit Januar 2012 vom Verband der Diözesen Deutschlands und dem Erzbistum Berlin gefördert.
Ort der Einführungsvorlesung: Senatssaal der Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin
Zeit: 3. November 2014, 19.15 Uhr
Themen und Termine zu den Einzelvorlesungen und die Programmfolge des 3. November hier:
<link http: vortrag des vatikanischen Ökumenebeauftragten>www.guardini.de