Dresden (KNA) Die Caritas steht Kardinal Rainer Maria Woelki zufolge vor "in diesen Dimensionen bislang unbekannten Herausforderungen". Der Missbrauchsskandal und die Affäre um die Limburger Bischofsresidenz hätten zu einem Vertrauensverlust von Kirche und Caritas in Deutschland geführt, sagte der Vorsitzende der Caritas-Kommission in der Deutschen Bischofskonferenz am Dienstagabend in Dresden. Mit den rückläufigen Katholikenzahlen schwinde zudem die bisherige gesellschaftliche Akzeptanz katholischer Grundüberzeugungen.
Zugleich betonte der Berliner Erzbischof: "Wenn die Kirche in Zeiten zunehmender Säkularisierung auch weiterhin den Menschen nahe sein will, dann wird die karitative Dimension von Kirche immer wichtiger." Er sei davon überzeugt, "dass wir in der Kirche eine neue Aufmerksamkeit für die Situation von Menschen in Armut, Not und Ausgrenzung brauchen". An die Gemeinden appellierte Woelki, die Zuwendung zu den Armen "nicht einfach an die Sozial-Profis von der Caritas zu delegieren und damit das Thema für erledigt zu halten". Es gehe vielmehr um eine bessere Vernetzung von Caritas und Seelsorge sowie um ein stärkeres diakonisches Engagement der Gemeinden. "Wir bespiegeln und in den Gemeinden oft selbst und werden zu wohlfeilen Kaffee- und Kuchenrunden."
Die Caritasverbände wiederum rief Woelki auf, sich immer wieder selbstkritisch zu fragen, ob ihr Angebot wirklich nahe am Menschen sei und sie nicht "mit dem Blick einer Institution mit ihren Einrichtungs- und Trägerinteressen" auf Hilfesuchende schauten. Er wisse dabei auch um die vielen äußeren Zwänge, denen die Verbände unterlägen.
Woelki verwies zudem auf den demografischen Wandel, der eine immense Herausforderung für den Sozialstaat und damit auch für die Arbeit der Caritas darstelle. Im Jahr 2030 etwa kämen auf einen Einzahler in die Sozialkassen zwei Rentner. Hierfür müssten frühzeitig neue Konzepte entwickelt werden, mahnte der Kardinal. "Da haben wir eine große Aufgabe vor uns."
Woelki äußerte sich vor gut 170 Zuhörern im Rahmen der Reihe "Caritas im Wandel", die die Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen zusammen mit der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung veranstaltet.