Zur Prävention von sexualisierter Gewalt: Schreiben von Generalvikar Przytarski an alle Geistlichen im Erzbistum

Generalvikar Prälat Tobias Przytarski hat an alle Geistlichen im Erzbistum Berlin einen Brief geschrieben, in dem er auf einen Missbrauchstäter hinweist, der im Umfeld katholischer Pfarrgemeinden bekannt geworden ist. Anlass des Schreibens ist eine Berichterstattung der Berliner Morgenpost vom 28. April 2013, das grundsätzliche Anliegen des Briefes besteht darin, für ein Klima der Achtsamkeit und Prävention zu werben. Wir dokumentieren den Brief im Wortlaut. Wir bitten um Verständnis, dass wir aus urheberrechtlichen Gründen den Artikel der Morgenpost nicht beifügen können:

„Liebe Mitbrüder,

aus aktuellem Anlass und präventiven Gesichtspunkten heraus gebe ich Ihnen einen Artikel aus der Berliner Morgenpost vom 28. April zur Kenntnis, der über einen Ende 70-jährigen Missbrauchstäter berichtet, der in katholischen Gemeinden Kontakt zu Jungen und deren Eltern aufbaut, sich Vertrauen erschleicht, Jungen sexuell missbraucht und deswegen im letzten Jahr zu einer vierjährigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Vier katholische Gemeinden in Berlin sind mir bekannt, in denen der Täter sich umtrieb.

In Ergänzung dessen möchte ich Sie auf die Strategien hinweisen, die der angesprochene Täter in den katholischen Gemeinden bevorzugt angewandt hat. Der Täter

- stellt sich dem Pfarrer und/oder Eltern sehr gewinnend als freundlicher, fürsorgender Großvater vor, zeigt sich als kompetent und finanzkräftig

- besucht Familien-/ Kindergottesdienste und Gemeinde-veranstaltungen, um Kontakt mit Kindern zu bekommen

- spricht die Eltern von Jungen vorrangig im Alter von ca. 5-12 Jahren an, bietet ihnen Unterstützung an (von Schule abholen, Betreuung – auch über Nacht, Ausflüge, u. ä.) und gewinnt ihr Vertrauen

- spricht auch Jungen direkt an und macht ihnen Geschenke

- tritt gelegentlich auch in Begleitung einer älteren Dame auf und erweckt den Anschein eines älteren Ehepaares

- übernimmt kleinere Hilfsdienste (z.B. Reparaturen) in Gemeinde

- sucht sich eine neue Gemeinde, wenn er durch Gemeindereferentin, Pfarrer oder Eltern auf sein Verhalten kritisch angesprochen wird.

Da ich nicht ausschließen kann, dass sich der Täter in weiteren Gemeinden Opfer sucht, bitte ich Sie um eine entsprechende Aufmerksamkeit. Bitte informieren Sie auch Ihr pastorales Personal.

Bei Fragen und Anliegen in diesem Zusammenhang - z.B. der Einleitung von Schutzmaßnahmen oder Umgangsmöglichkeiten mit übergriffigen Gemeindemitgliedern - wenden Sie sich bitte an

den Präventionsbeauftragten, Herrn Burkhard Rooß, Tel: (030) 2 04 54 83-27, (<link http: praevention.erzbistumberlin.de _blank>praevention.erzbistumberlin.de).

Die vertrauensvollen Begegnungsmöglichkeiten innerhalb der Pfarrgemeinden bedürfen einer besonderen Achtsamkeit, um Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Für eine entsprechende Sensibilisierung und die Einleitung wirksamer Präventionsmaßnahmen haben wir im Erzbistum deswegen ein Präventionsschulungsprogramm gestartet. Denjenigen von Ihnen, die sich noch nicht zu einer Präventionsschulung angemeldet haben, stehen nun neue Termine zur Verfügung.

Des Weiteren bitte ich Sie darum, die Ansprechpartner für Hinweise auf sexuellen Missbrauch durch Kleriker, Ordensangehörige oder andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst in entsprechender Weise (Homepage, Pfarrbrief, Aushang) dauerhaft bekannt zu geben. Ich freue mich darüber, mit Pater Josef Schulte OFM einen zweiten Ansprechpartner gewonnen zu haben. Somit steht den Betroffenen auch ein männlicher Ansprechpartner und Seelsorger zur Verfügung und sie haben somit die Möglichkeit, entsprechend ihrer Situation zu wählen, wem sie sich anvertrauen möchten. Bitte ermutigen Sie Betroffene, diese Unterstützungsmöglichkeit in Anspruch zu nehmen.“