Das morgige Sonntags-Evangelium fasziniert mich, seit ich in die Kirche gehe. Wäre ich Filmemacher, in meinem Kopf sind die Einstellungen schon ausgearbeitet: Nach 40 Tagen in der Wüste kommt es zum Duell zwischen Jesus und dem Teufel. Jesus soll aus Steinen Brot machen, versucht ihn der Teufel zu provozieren, denn Jesus hatte gefastet und bestimmt Hunger. Und von der höchsten Spitze des Tempels solle er sich stürzen, denn schließlich heißt es doch, Engel würden ihn auf Händen tragen. Jesus lehnt in beiden Fällen ab und zeigt genau dadurch Größe.
Es geht in dieser biblischen Erzählung um die Frage, ob man alles machen darf, nur weil man es kann. Die Antwort Jesu ist eindeutig:
Selbstbeschränkung – aus freien Stücken und aus besserer Einsicht – das ist das Anliegen der Fastenzeit, die am Aschermittwoch begonnen hat.
Es geht nicht darum, uns selbst zu optimieren. Es geht darum, Begrenztheit zu akzeptieren und uns selbst Grenzen zu setzen und die eigene Verwundbarkeit anzuerkennen. Es ist zu spät, wenn wir erst über Nachhaltigkeit und Energiesparen nachdenken, wenn aus Russland kein Gas mehr kommt.
Fastenzeit ist auch eine Zeit, um sich der Folgen unseres Handelns – noch mehr unseres Unterlassens bewusst zu werden: Hitze und Dürre führen in vielen Gegenden der Welt zu Missernten. Selbst in Zentral-Europa leiden wir unter regenarmen Sommern, Wasserfluten zerstören Stadt und Land, die Massentierhaltung fügt den Tieren unsägliches Leid zu. Die Vielfalt der Natur wird zerstört, Pflanzen- und Tierarten verschwinden. Alle Reichtümer dieser Welt helfen uns nicht, wenn wir nicht daran mitarbeiten, dass die uns anvertraute Erde bewohnbar bleibt für alle Menschen.
Am Ende des Sonntags-Evangeliums unternimmt der Teufel einen dritten Versuch: Allen Reichtum der Erde will er Jesus geben, wenn der ihn anbetet. Da platzt Jesus der Kragen: „Weg mit dir, Satan!“ schreit er ihn an, „Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen.“
Auch wer selbst nicht an einen Gott glaubt, kennt die Versuchung, selbst Gott und allmächtig sein zu wollen. Ein Blick in die Geschichte zeigt die schrecklichen Folgen im Großen und im Kleinen, für Mensch und Tier und die ganze Natur.
Ich wünsche uns für diese Fastenzeit ein wenig Demut – gegenüber der Natur, gegenüber unseren Mitmenschen, aber auch hinsichtlich unserer eigenen Fähigkeiten.
Ihnen ein erholsames Wochenende und einen gesegneten Sonntag.