Als im Februar die ersten Menschen aus der Ukraine auch in Berlin ankamen, reagierte unsere Caritas sehr schnell und initiierte „Caritas Ukraine Zentren“: Ein doppeltes Angebot für Geflüchtete und für die, die ihnen ehrenamtlich helfen und Unterkunft gewähren wollen. Damals hatte ich noch die leise Hoffnung, dass der Krieg bald zu Ende wäre. Diese Hoffnung wurde nicht erfüllt. Mehr als ein halbes Jahr später ist der russische Angriffskrieg brutaler und die Aussicht auf Frieden unwahrscheinlicher denn je.
Vergangene Woche habe ich eines der Caritas Ukraine-Zentren besucht. In Wilmersdorf leben seit Mai dieses Jahres acht Frauen und 14 Kinder. Ich wurde herzlich empfangen und spürte eine große Dankbarkeit. Gleichzeitig ist die Situation weiterhin mehr als belastend. Die Männer sind in der Ukraine geblieben – viele von ihnen kämpfen aktiv im Krieg gegen Russland. Mindestens dreimal täglich telefonieren sie miteinander – die ständige Sorge zerreißt ihnen fast das Herz, erzählen sie mir. Ein wenig Halt finden sie in der Gemeinschaft. Dass sie wenigstens sich haben, um sich auszutauschen und in schwierigen Momenten füreinander da zu sein.
Und das Angebot der Caritas Ukraine Zentren oder ähnlicher Einrichtungen ist umso dringender: Denn weiterhin suchen ganze Familien, aber vor allem Frauen und Kinder – wie in Wilmersdorf - Zuflucht vor dem Krieg, vor Bomben, die sich mehr und mehr auf zivile Ziele richten. Auch die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer brauchen Unterstützung und Begleitung. Mancher, der spontan Hilfe angeboten hat, kommt selbst an seine Grenzen. Auch eine seelsorgliche Begleitung wird angeboten. Denn wer nicht mehr helfen kann, sollte deswegen kein schlechtes Gewissen haben. Unter dem Motto „Du hilfst Geflüchteten. Wir helfen Dir“ bietet die Telefonseelsorge ein kostenloses Beratungsangebot.
„Mein Vater war ein heimatloser Aramäer“ (Dtn 26,5), so beginnt das älteste jüdische Glaubensbekenntnis in der Bibel. Heimatlosigkeit, Flucht und Vertreibung stehen also in der „Grundakte“ unseres Glaubens. Daraus ergibt sich auch das Kriterium über richtig oder falsch, das im Neuen Testament so lautet: „denn ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen“ (Mt 25,35). Christen glauben: In jedem Fremden, den wir aufnehmen, begegnet uns Jesus Christus selbst. Deswegen danke ich allen, die sich für Geflüchtete eingesetzt haben und sich weiter einsetzen. Ihr Einsatz verdient Respekt und Anerkennung.
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende und einen gesegneten Sonntag.