Familien vor der Armutsfalle

Ein Mitarbeiter der Caritas erzählt mir von einer Mutter, die ihre drei Kinder alleine erzieht. Die sich darüber freut, wie ihre Sprösslinge die Welt erkunden, was sie alles lernen. Die aber auch von ihren Sorgen berichtet: Oft fehle ihr die nötige Zeit für die Kinder, weil ein Job nicht ausreicht. Das Geld sei immer knapp; schon wieder müssten neue Arbeitshefte für die Schule gekauft werden, und Winterschuhe brauchte sie auch.

„Kinder sind unsere Zukunft“. Das klingt gut, und es stimmt ja auch. Doch wie sieht diese Zukunft aus, wenn fast jedes dritte Kind  in Berlin von Hartz IV lebt und viele in Lebensumständen aufwachsen, die sie entmutigen? Wie steht es um die Zukunft, wenn in Berlin nahezu jeder zehnte Jugendliche die Schule ohne Abschluss  verlässt? Wenn kinderreiche Familien nicht nur über finanzielle Diskriminierung berichten? Ist es richtig, dass Erwerbstätigkeit – nicht nur finanziell – höher bewertet wird als Familienarbeit? Oder dass Eltern, die sich entschließen, dass einer von ihnen längere Zeit nicht einem Broterwerb nachgeht, staatlicherseits deutlich schwacher gefördert werden als Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sind?

Familien geraten nur allzu leicht in die Armutsfalle. Manche sprechen davon, dass Armut vererbt wird. Dabei geht es nicht nur ums Materielle, sondern um die Bildungs- und Entfaltungschance der Kinder. Arme Familien können ihre Kinder oft nicht ausreichend unterstützen - weil das Geld für die Klassenfahrt fehlt, der Musikunterricht oder eine dringend benötigte Nachhilfe nicht bezahlt werden kann.
Für ein reiches Land und eine Stadt wie Berlin ist das nicht hinnehmbar. Wir müssen die Kinder und Jugendlichen stärken. Flexible Kinderbetreuung, Jugendarbeit, außerschulische Bildungsangebote, Erziehungs- und Familienberatung sind Wege, die ausbaufähig sind. Wir brauchen flexiblere Arbeitszeitmodelle, bezahlbaren Wohnraum für Familien, gute gesundheitliche Förderung sowie eine Kindergrundsicherung. Hier sehe ich vordringliche Aufgaben für die Politik. Und auch die Kirchengemeinden müssen sich dieser Problematik stellen. Helfen wir unseren Familien, ihr Leben gut führen zu können? Stellen wir Ihnen unsere Zeit etwa in Notfällen zur Verfügung und feiern wir familienfreundliche Gottesdienste?