Viele Kinder proben in diesen Tagen eifrig für das Krippenspiel, das am Heiligen Abend in der Kirche aufgeführt wird. In den Textbüchern für die kleinen Theaterstücke bietet besonders die Herbergssuche reichlich Stoff für großes Drama: Maria und Josef schleppen sich in Betlehem von Tür zu Tür, sie hochschwanger, er ratlos, und bitten um Unterkunft. Doch die Herbergswirte verweigern sich. Ein altes Adventslied besingt das Gespräch zwischen dem verzweifelten Paar und einem hartherzigen Hausbesitzer: „Wer klopfet an?“ – „O zwei gar arme Leut‘.“ „Was wollt ihr denn?“ – „O gebt uns Herberg heut. O durch Gottes Lieb‘ wir bitten, öffnet uns doch eure Hütten!“ – „O nein, nein, nein!“- „O lasset uns doch ein! Wir wollen dankbar sein.“- „O nein, nein, nein, es kann nicht sein. Geht nur fort, ihr kommt nicht rein.“
Im Advent 2015 könnte einem das Lied im Halse stecken bleiben, so beklemmend aktuell klingt es. Ob Heilige Familie damals oder Flüchtlingsfamilie heute: Wie verhalten wir uns ihnen gegenüber? Sympathisieren wir mit dem „Nein“ derer, die das Asylrecht einschränken, die Aufnahme von Flüchtlingen kontigentieren, die Familienzusammenführung erschweren wollen?
In Berlin kommen täglich etwa 700 bis 800 Flüchtlinge an. 40.000 Flüchtlinge sind hier im Asylverfahren – und die Berliner geteilter Meinung: Es gibt die Tapferen, die sagen: Wir müssen es schaffen. Wir können den Menschen, die Zuflucht und Schutz bei uns suchen, doch nicht die Tür vor der Nase zuschlagen. Außerdem: Wo sollen sie denn hin?
Andere geben zu bedenken, dass Politiker wie Ehrenamtliche mittlerweile am Limit sind und die Stimmung umzuschlagen droht, hin zu einem „o nein, ihr kommt nicht rein“.
In der Bibel wird ausdrücklich dazu ermutigt, Flüchtlinge aufzunehmen und zu integrieren. Denn man war überzeugt: Durch praktizierte Fremdenfreundlichkeit würden sich auch die Türen für Gott öffnen: „Ich stehe vor der Tür und klopfe an“, wird Jesus Christus zitiert (Offb 3,20).
Hätten Betlehems Herbergswirte gewusst, wer diese Fremden waren, die da um Einlass baten - sie hätten ihnen aufgemacht. Weil sie aber dachten, es seien nur so arme Leute, ließen sie Maria und Josef draußen stehen. Und hatten dadurch eine Chance verpasst, in den Menschen Gott willkommen zu heißen.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten und frohen Dritten Advent.