Hinabgestiegen in das Reich des Todes

„Gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten“. In diesen wenigen Zeilen beschreibt das Glaubensbekenntnis die Ereignisse von Gründonnerstag bis Ostersonntag.

Heute – am Karsamstag – sind wir mittendrin in diesem Bekenntnis angekommen: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes“ oder auch anders formuliert: „Abgestiegen zu der Hölle“. So ausführlich die Evangelien das Leiden Jesu bis zu seinem Tod und seinem Begräbnis schildern, so schweigsam werden sie für die Zeit zwischen Grablegung und Auferstehung. Und über Jesu Hinabsteigen in die Hölle steht keine einzige Zeile in der Bibel. Dafür kann man von der Hölle fast täglich in den Nachrichten hören, wie oft ist etwa von der „Hölle von Bachmut“ in der Ukraine die Rede, wo ein brutaler Krieg tobt.

Viele Menschen verstehen unter der Hölle den Ort, an dem Gott nicht ist. Wenn wir im christlichen Glaubensbekenntnis dagegen bekennen, dass Jesus Christus hinabgestiegen ist in die Hölle, dann bekennen wir damit, dass Gott auch „im Reich des Todes“, ist, wo Gewalt, Terror und unvorstellbare Brutalität und vereinsamte Verlassenheit herrschen, dass er auch dort die Menschen nicht allein lässt, nicht in den Höllen dieser Welt und nicht in der Hölle nach dem Tod.

Das Hinabsteigen in das Reich des Todes konnte sich Jesus nicht ersparen. Denn es war nicht umsonst: Es gibt in Gott das Heil im Unheil, das Wort im Schweigen, das Licht in der tiefsten Dunkelheit, die Liebe in der radikalsten Einsamkeit, das Leben im Tod. Auch wenn wir es oft genug nicht sehen und glauben können.
Es ist schwer, diese Spannung des Karsamstages zu ertragen; aber Karsamstag ist mehr als ein freier Tag vor dem Osterfest zum Einkaufen, Putzen oder Kochen. Es ist ein Tag der Leere und der Wortlosigkeit. Es ist in der Kirche der Tag der Schmucklosigkeit und des Schweigens.

Und morgen ist Ostern, aber eben erst morgen. Gleichzeitig wissen wir auch, dass morgen bei weitem nicht alles wieder gut ist. Aber wir glauben, dass Christus das Tor unserer letzten Einsamkeit durchschritten hat, er ist hinabgestiegen in die Hölle. Er ist ein uns naher Gott, ein mit uns solidarischer Gott. Nur wer den Karsamstag aushält, für den wird es wirklich Ostern, davon bin ich überzeugt. Denn im Karsamstag fallen Karfreitag und Ostersonntag zusammen.

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen heute schon ein gesegnetes Osterfest!