„Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst als Ausdruck persönlicher Autonomie ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen.“ Mit dieser Begründung des Bundesverfassungsgerichts muss der Deutsche Bundestag am kommenden Freitag, 7. Juli 2023, eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe beschließen.
Mich bewegt die bevorstehende Entscheidung sehr und ich danke all denen von Herzen, die Menschen in existentiellen Krisen, in Krankheit und Leid beistehen und begleiten: Ich danke den Familien, Freundinnen und Freunden, aber auch all jenen, die mit hoher Professionalität und Empathie in sozialen Diensten, in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Hospizen, für ein menschenwürdiges Leben und Sterben Sorge tragen.
Mich bedrückt gleichzeitig, dass Menschen in ihrer Not sich allein gelassen fühlen und einsam ihren letzten Weg gehen. Steht doch Gottes „Ja“ zum Leben über allem: Mein Leben ist mir geschenkt und anvertraut, es steht nicht in meiner freien Verfügung.
Daher sehen wir als Kirche den Schutz des menschlichen Lebens von seinem Anfang bis zu seinem Ende als eine unserer wichtigsten Aufgaben, auch in Widrigkeiten und Konfliktlagen. Wir wirken mit an einer „Kultur des Lebens“, wie der heilige Papst Johannes Paul II. sagt, auch und gerade im Angesicht von Leiden und Sterben.
Wir stehen allen in Krisen, Krankheit und Leid bei - in Telefonseelsorge und Suizid-Prävention, in kirchlichen Krankenhäusern, Palliativstationen und Hospizen, in Seelsorge und Begleitung.
Wir verurteilen keinen Menschen, der seine Not nicht mehr aushalten kann oder sich anderen Menschen aufgrund seines Leidens nicht mehr zumuten möchte. Wir glauben zugleich, dass ein Leben immer einen Sinn und einen Wert hat, auch wenn wir ihn nicht erkennen.
Wir beteiligen uns an der öffentlichen Debatte und wollen mithelfen, das Gewissen zu bilden, zuallererst unser eigenes.
Und ich bitte Sie, liebe Hörerin, lieber Hörer, lassen Sie uns die Menschen, die gerade in den schwersten Prüfungen ihres Lebens stehen, nicht vergessen. Und wenn Sie können, beten Sie für sie. Und schließen Sie in Ihre Gedanken und Gebete auch unsere gewählten Volksvertreterinnen und -vertreter ein. Möge der Deutsche Bundestag zu klugen Entscheidungen gelangen, die dem unbedingten Wert des menschlichen Lebens gerecht werden.
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende und einen gesegneten Sonntag.