Öffnen wir unser Herz, öffnen wir unser Leben, seien wir barmherzig

Liebe Hörerinnen und Hörer,

der „Heilige Abend“ ist der Auftakt zu einer besonderen Nacht: der Christnacht. In unseren Liedern besingen wir sie als eine „stille“ Nacht. Lärm und Aufregung scheinen sich nicht zu vertragen mit dem inneren Anliegen dieser Nacht.

„Still, still, weil‘s Kindlein schlafen will!“ – so hören wir im Lied. Es ist ein Kind, das unsere Aufmerksamkeit fesselt. Ein hilfloses Geschöpf, in dem sich etwas Göttliches verbirgt. Der Blick dieses Kindes rührt alle an. Kinderblicke bezaubern auf geheimnisvolle Weise. Mütter, Väter, Geschwister und Großeltern kennen diese verzückende Erfahrung, vor einem Neugeborenen zu stehen und es in Andacht zu betrachten.

Nicht anders war es wohl zur Geburt Jesu im Stall zu Bethlehem, von dem die Evangelien berichten. Hirten, Tiere, Engel, die Weisen aus dem Morgenland: alle kommen und staunen und kehren verändert wieder  zurück.

Vom Kind in der Krippe geht – wie von allen Kindern - eine Kraft aus, die zum Innehalten einlädt und auch nüchterne Charaktere anrührt. Das Christkind zwingt uns geradezu in eine Warmherzigkeit, es bewegt uns, es ruft nach Barmherzigkeit.

it dieser Barmherzigkeit wird das Kind aus der Futterkrippe des Stalls von Bethlehem als Erwachsener von sich reden machen. Als gottergebender Prophet zieht er durchs Land und predigt den Menschen von einer besonderen Gottesliebe: Dass Gott ein Freund des Lebens ist, dass er die Schwachen, Armen und die Sünder liebt und ihnen nahe ist.

Die Weihnachtsbotschaft vom Frieden auf Erden und in den Herzen der Menschen ist seit 2000 Jahren aktuell. In diesem Jahr wird sie in eine Welt hineingesprochen, die von Krieg und Gewalt besonders gezeichnet ist. Sie gilt daher vor allem den vielen Flüchtlingen, die wir aufgenommen haben, weil sie an Leib und Leben bedroht sind. Nun sind wir gefragt und als Christen besonders herausgefordert, sie willkommen zu heißen; als Angehörige dieses Jesus von Nazareth, der von sich sagt, er sei gesandt „zu den Armen, ihnen die Frohe Botschaft zu bringen, zu heilen, die bedrückten Herzens sind“ (Lk 4,18).

Überall, wo Christen sind, in Pfarreien, Gemeinschaften, Vereinigungen und Bewegungen sollen „Oasen der Barmherzigkeit“ sichtbar werden, hat sich Papst Franziskus unlängst bei der Ankündigung eines Heiligen Jahres gewünscht (Misericordiae Vultus 12).Er hat diesem Jahr den Namen „Jahr der Barmherzigkeit“ gegeben. Jetzt liegt es an uns, die bezaubernde Erfahrung der weihnachtlichen „Heiligen Nacht“ in ein „Heiliges Jahr“ der Barmherzigkeit münden zu lassen. Ein Jahr, in dem wir in besonderer Aufmerksamkeit danach trachten, Wunden zu heilen und die Herzen der Menschen zu wärmen.

Die Weihnachtsgeschichte erinnert uns unvermeidlich daran, dass wir uns niemals an das Leid des Anderen gewöhnen dürfen, nicht an das Leid von zerstörten Beziehungen, nicht an das Leid der seelisch Gekränkten, derer die um ihre Gesundheit ringen, und derer, die als Flüchtende zu uns gelangt sind mit wenig mehr als dem, was sie am Leibe tragen.

Öffnen wir unser Herz, öffnen wir unser Leben, seien wir barmherzig. Dann wird die Heilige Nacht zum Segen für alle.

Ich wünsche Ihnen gesegnete Stunden in dieser Nacht und erfüllte Tage der Weihnacht.