Das Reformationsjubiläum fängt gut an, am kommenden Montag, dem Reformationstag, mit einem Gottesdienst in der Berliner St. Marienkirche. Obwohl wir seit 500 Jahren getrennt sind, beginnen evangelische und katholische Christen dieses Jahr mit dem, was uns verbindet: mit dem Gebet und dem Bekenntnis unseres gemeinsamen Glaubens.
Ich freue mich, dass der Gottesdienst in der St. Marienkirche stattfindet. Dass Katholiken Maria in besonderer Weise verehren – auch ich selbst – muss nicht betont werden. Mich erinnert St. Marien daran, dass Martin Luther selbst ein großer Verehrer der Mutter Gottes war. Seine Auslegung des Magnifikat, des Lobgesangs Mariens, ist heute noch lesenswert.
Und schließlich freut es mich, dass das Jubiläum in Berlin beginnt. Das macht deutlich, dass Luthers Reformation zwar in Wittenberg begann, aber bis heute Auswirkungen hat auf das Verhältnis von Staat und Kirche, für die Gegend, die heute Deutschland heißt und in Berlin ihre Hauptstadt hat.
Können wir Katholiken überhaupt Reformationsjubiläum feiern? Das ist doch so, wie wenn Eheleute nicht den Hochzeitstag, sondern den Tag der Scheidung feiern. Jubiläum kommt von „Jubeljahr“: alle 50 Jahre wurde in Israel ein solches Jubeljahr begangen, in dem die Schuld bekannt, die Schulden erlassen und gerechte Verhältnisse wiederhergestellt wurden.
In diesem Sinn begehen auch wir Katholiken das Jubiläum, wissend um bestehende theologische Unterschiede, die wir nicht leicht nehmen, sondern um die wir ringen, in Verantwortung vor unserer Geschichte und für unsere gemeinsam zu gestaltende Gegenwart. Denn über ein Wort gibt es keinen Streit mehr zwischen uns: Reform, die beständige Erneuerung der Kirche, ist eine Notwendigkeit, die lange vor Martin Luther begonnen hat und auf Erden nie zum Ende kommen wird.