Berlin (KNA) "Ein Gott - Abrahams Erben am Nil" lautet der unverfängliche Ausstellungstitel. Im Berliner Bode-Museum geht es ab 2. April um "Juden, Christen und Muslime in der Antike bis zu Mittelalter". Doch in Zeiten zunehmender Konflikte unter den drei Weltreligionen erhält auch eine solche Schau unerwartete Aktualität.
"Unsere Ausstellung zeigt, dass archäologische Objekte durchaus für ein tagespolitisches Thema von Relevanz sein können", betonte Friederike Seyfried am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung des Projekts. Die Direktorin des Ägyptischen Museums bereitet gemeinsam mit Gisela Helmecke vom Museum für Islamische Kunst sowie Cäcilia Fluck von der Skulpturensammlung und dem Museum für Byzantinische Kunst derzeit die Ausstellung vor. Die Schau sei aber keineswegs eine direkte Antwort auf den Anschlag auf die Pariser Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo", stellte Seyfried klar. Eine solch schnelle Reaktion wäre organisatorisch gar nicht zu leisten.
In rund 250 Exponaten spiegelt die Ausstellung die lange und meist friedliche Geschichte der drei monotheistischen Religionen am Unterlauf des Nils wieder. Anfangs war dies gar nicht geplant, wie Seyfried erläuterte. Das Bode-Museum wollte ursprünglich eine Schau über koptische Kunst aus dem Ägyptischen Museum Kairo übernehmen. Doch wegen der Unruhen im Zusammenhang mit dem "Arabischen Frühlings" war dies nicht machbar.
So besannen sich die Staatlichen Museen zu Berlin auf ihre eigenen reichen Bestände. Sie kamen zugleich zu dem Schluss, dass "nur" koptische Kunst für eine multiethnische Stadt wie Berlin "etwas zu wenig" sei und erweiterten das Konzept auf die drei großen Buchreligionen. Ergänzt werden die Berliner Exponate von internationalen Leihgaben etwa aus dem British Museum, der British Library und dem Louvre.
Um einen Bezug zur brisanten Gegenwart herzustellen, entsandten die Kuratorinnen im vergangenen Jahr überdies Filmteams nach Ägypten, um die kulturellen Stätten von Juden, Kopten und Muslimen sowie deren modernes Leben zu filmen. Die durch Interviews angereicherten Filme sollen in die Schau integriert werden. Angesichts der interreligiösen Spannungen auch in Ägypten waren die Dreharbeiten "erstaunlicherweise nicht" problematisch, so Seyfried. Ein vom Auswärtigen Amt gefördertes Symposium soll im kommenden Sommer den Trialog zwischen Juden, Christen und Muslimen wissenschaftlich begleiten.
Die Schau stellt Abraham als Urvater und Archetypus für den Glauben an einen Gott vor. Er ist das Bindeglied zwischen Judentum, Christentum und Islam, wie anhand der heiligen Schriften nachgewiesen wird. Präsentiert werden auch weitere Gestalten wie Moses, Daniel, der Erzengel Gabriel sowie Maria und Joseph, der sich in Ägypten großer Beliebtheit erfreute.
Ein weiterer Themenbereich der Ausstellung widmet sich dem spätantiken und mittelalterlichen Volksglauben. Er belegt den Kontakt und Austausch der Religionen untereinander, wobei magische Traditionen oft im krassen Gegensatz zur offiziellen Religion standen. Schriftstücke aus der "Kairoer Genizah", einer Dokumentensammlung aus der Ben Ezra Synagoge in Alt-Kairo, stehen für den regen Austausch zwischen Juden, Christen und Muslimen im 10. und 12. Jahrhundert. Auch in das Alltagsleben der damaligen Epoche soll die bis zum 13. September dauernde Schau einen Einblick geben, bevor sie ins Londoner British Museum wechselt.