„Ausstellung gehört beerdigt“Kunstbeauftragter des Erzbistums Berlin: „Je schärfer der Protest, desto besser“

Bild: Sankt Michaelsbund

Im Streit um das Körperwelten- Museum in der Bundeshauptstadt meldet sich der Kultur- und Kunstbeauftragte des Erzbistums Berlin, Pater Georg Maria Roers, mit deutlicher Kritik zu Wort: Die geplante Dauerausstellung, die ausgerechnet am Aschermittwoch eröffnen soll, verstoße gegen die Menschenwürde und sei ethisch nicht zu verantworten, kritisiert Roers im Exklusiv- Interview mit unserer Zeitung.

Pater Roers, direkt unter dem Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz will der umstrittene Leichenplastinator Gunther von Hagens in einem „Menschen Museum“ seine „Körperwelten“ präsentieren. Sie sehen das kritisch ...

Schon vor einem Jahr habe ich mich öffentlich geäußert, als das Vorhaben bekannt wurde: Diese Ausstellung gehört beerdigt. In allen Kulturen dieser Welt ist die Totenruhe ein hohes Gut. Soll Berlin da eine Ausnahme sein? Der Name des Museums ist eine Mogelpackung. In einem „Menschen Museum“ würde ich die Entwicklungsgeschichte der Menschheit erwarten, sicherlich aber nicht lauter hässliche Plastinate, die einzelne Individuen zur Schau stellen, als seien es Tierpräparate. Würden Sie sich ausgestopfte Menschen anschauen? Die Würde des Menschen ist unantastbar! So beginnt unser Grundgesetz, und das hat auch eine postmortale Wirkung.

Das Museum sorgt für Schlagzeilen, obwohl es noch gar nicht eröffnet hat. Der Bezirk Mitte will die Schau verhindern und sein Verbot gerichtlich durchsetzen. Wie bewerten Sie den Umgang mit der geplanten Schau: Ist das alles „zu viel Wirbel“ und „zu viel der Ehre“, wie manche meinen, oder ist der Aufschrei derer, die die „Körperwelten“ kritisch sehen und Einwände haben, zu leise gewesen?

Es freut mich sehr, dass der Bezirk sehr deutlich für ein Verbot der Schau eintritt. Unsere Politiker sind entschieden dagegen. Respekt! Ich bin kein Jurist, aber warum sollten die Bestattungsgesetze hier nicht gelten? Je schärfer der Protest, desto besser. In Berlin herrscht kein Ausnahmezustand. Im KZ in Buchenwald fand man nach der Befreiung Putztücher, Etuis und Lampenschirme aus Menschenhaut. Diese grauenvollen Assoziationen 70 Jahre nach der Befreiung vom KZ Auschwitz in Erinnerung zu bringen, ist beschämend.

Die „Körperwelten“-Macher haben offenbar keine ethischen Bedenken. Sie verweisen darauf, dass ihre Leichen-Plastinate der Wissenschaft oder Kunst dienten. Zudem hätten die „Körperspender“ ihr Einverständnis dazu gegeben, nach dem Ableben ihre Leichen plastinieren und ausstellen zu lassen. Sind das keine Argumente?

Wenn es so einfach wäre! Die Macher des sogenannten „Menschen Museum“ entführen uns einerseits ins Reich der Naturwissenschaften, andererseits ins Reich der Kunst. Jedoch erfahren weder Ärzte etwas Neues noch Künstler. In Wirklichkeit wird hier nicht einmal ein Märchen erzählt, weil jegliche Poesie fehlt. Mag sein, dass manche Leute es gut finden, sich als Leiche ausstellen zu lassen. Der Künstler Andy Warhol hat vom 15-Minuten- Ruhm eines Menschen zu Lebzeiten gesprochen. Person XY wird aber nicht berühmt, nur weil sie plötzlich verstorben ist. Ich finde: Ein Ötzi reicht.

Nach Auffassung der Museumsbetreiber, aber offenbar auch mancher Juristen und Richter fallen die plastinierten Leichen nicht unter das Bestattungsgesetz, wonach sie eigentlich beerdigt werden müssten. Geht es um die Definition, was eine Leiche ist?

Ja, darum geht es auch. Deshalb kann es nicht sein, dass ein Richter meint, eine plastinierte Leiche sei keine Leiche. Was sagen Ärzte, Philosophen, Anthropologen, Theologen und Historiker? Die Geschichte der Einbalsamierung reicht von den Pharaonen bis zu Lenin. Könige und Bischöfe ließen sich in ihren Kathedralen bestatten. Wer die Kaisergruft in Wien besucht, wird es mit der nötigen Ehrfurcht tun. Herr von Hagens hat kopulierende Leichen öffentlich gezeigt. Diese Art von Sensationslust steht im Fokus der Medien. Die Neugier des Menschen ist grenzenlos. Es wäre ethisch nicht zu verantworten, alles zu bedienen.

Glauben Sie, die Verantwortlichen haben mit dem 18. Februar ganz bewusst den Aschermittwoch als Termin für die Eröffnung Ihres Museums gewählt?

In Köln singt man zum Karneval: Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Das kann man im Blick auf das „Menschen Museum“ nur wünschen. Ansonsten ist hier eher von völliger Gedankenlosigkeit auszugehen. Das ist es ja, was das Projekt insgesamt auszeichnet. Am meisten fürchten die Macher, dass wir Christen für die Verstorbenen öffentlich beten. Genau das erwägen wir! Dazu lade ich jeden Beter jetzt schon ein, auch die Leser Ihrer Zeitung.