"Berlin ins rechte Licht gerückt"Kirchen-Lobbyistin Martina Köppen zu Wowereit und Woelki

Berlin (KNA) Als Leiterin des Katholischen Büros Berlin-Brandenburg steht Martina Köppen an der Nahtstelle zwischen Kirche und Landespolitik. In einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zog sie am Freitag eine Bilanz der Berliner Amtszeiten von Kardinal Rainer Maria Woelki und dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Zudem äußerte sich die Juristin zu den politischen "Baustellen" von Staat und Kirchen.

KNA: Frau Köppen, Rainer Maria Woelki hat Berlin bereits Ende September verlassen und ist neuer Kölner Erzbischof, Klaus Wowereit nimmt am 11. Dezember als Regierender Bürgermeister seinen Hut. Wie lautet Ihre Bilanz beider Amtszeiten?

Köppen: Wowereit ist es in 13 Jahren als Regierender Bürgermeister gelungen, dass Berlin als Metropole von internationalem Rang wahrgenommen wird. Kardinal Woelki hat in drei Jahren dafür gesorgt, dass die Erzdiözese Berlin als Hauptstadtbistum gesehen wird. Beide haben es auf ihre Weise geschafft, ein bestimmtes Bewusstsein zu erzeugen und es ins rechte Licht zu rücken.

KNA: Was erwarten Sie vom künftigen Berliner Erzbischof?

Köppen: Kardinal Woelki hat ausgezeichnet, dass er ohne jedes Fremdeln in die Stadt gekommen ist. Er kam bei den Menschen gut an, nicht nur bei den Katholiken. Viele sagen, dass es ihnen wieder Freude macht, Katholik in Berlin zu sein. Das müsste sein Nachfolger idealerweise auch können. Und er sollte sich auf dem politischen Parkett wohlfühlen.

KNA: Was sind Ihre Wünsche an Wowereits designierten Nachfolger Michael Müller?

Köppen: Zunächst bin ich mir sicher, dass er als Regierender Bürgermeister weiter einen offenen und partnerschaftlichen Dialog mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften führen wird, wie er es in seinen früheren verantwortlichen Funktionen getan hat. Zudem sollte er den Wert des Religionsunterrichts schätzen und für eine ausreichende Finanzierung sorgen, damit das Fach auch flächendeckend angeboten werden kann. Außerdem wünsche ich mir, dass er die Schulen der freien Träger und ihre Leistungen positiv sieht.

KNA: Welche politischen "Baustellen" erben die Nachfolger?

Köppen: Wie in Brandenburg steht vor allem eine bessere staatliche Förderung des Religionsunterrichts auf der Tagesordnung. Derzeit trägt die katholische Kirche über ein Drittel der Gesamtkosten selbst, weil das Land Berlin die Zuschüsse auf dem Stand von 2002 eingefroren hat. Ohne eine bessere Refinanzierung können wir dieses Fach deshalb bald nicht mehr flächendeckend als freiwilliges Fach anbieten. Im Moment finden jedoch Verhandlungen mit dem Senat über die Förderung des nichtstaatlichen Werteunterrichts statt.

KNA: Welchen Einfluss auf diese Gespräche hat der Wechsel an der Spitze des Erzbistums und des Landes Berlin?

Köppen: Bei solchen Übergangszeiten stellt sich immer die Frage, was geht und was nicht. Wir hoffen, dass es keine Rolle spielt und die Verhandlungen noch in diesem Jahr abgeschlossen sind. Wir müssen frühzeitig zu einer Einigung kommen, damit die Ergebnisse im nächsten Landeshaushalt verankert werden können.

KNA: Worüber stehen Sie mit dem Senat außerdem im Gespräch?

Köppen: Es gibt auch Verhandlungen über eine bessere Refinanzierung der Schulen freier Träger und damit auch der katholischen Schulen. Wenn die Gespräche auf der Verwaltungsebene abgeschlossen sind, wird es eine Diskussion im politischen Raum geben, welche Förderung die freien Schulen auf der Bemessungsgrundlage der Kosten einer staatlichen Schule erhalten sollen.

KNA: Nach jüngsten Gerichtsurteilen müssen die freien Schulen in Sachsen und Thüringen besser gefördert werden. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

Köppen: Die Lage ist in den einzelnen Bundesländern so unterschiedlich, dass die politisch Verantwortlichen in Berlin und Brandenburg in diesen Entscheidungen keine Relevanz für sich sehen.

KNA: Wie hat sich das Verhältnis zwischen Berliner SPD und Kirchen generell entwickelt?

Köppen: Wir haben insgesamt ein gutes Verhältnis zur SPD. "Pro Reli" hallt aber atmosphärisch noch sehr nach, auch wenn der von den Kirchen unterstützte Volksentscheid 2009 nicht dazu führte, dass der Religionsunterricht zur gleichberechtigten Alternative des Ethikunterrichts wurde. Die Gegensätze, die dort zwischen Unterstützern und Gegnern von "Pro Reli" deutlich wurden, gibt es bis heute. In der SPD ist ein Religionsunterricht als ordentliches Schulfach wie in anderen Bundesländern offenbar weiterhin nicht vorstellbar.

KNA: Kardinal Woelki hat sich dafür stark gemacht, die Stimme der katholischen Kirche, wie er es nannte, in der Berliner Wissenschaftslandschaft zu stärken. Wie weit ist dieses Vorhaben?

Köppen: Es geht darum, vorhandene Einrichtungen wie die Katholische Akademie und das Seminar für Katholische Theologie an der Freien Universität besser zu verbinden. Denkbar wäre auch eine international ausgerichtete Wissenschaftseinrichtung. Unter anderem damit beschäftigt sich jetzt eine Kommission der Deutschen Bischofskonferenz. Im übrigen ist es auch im Interesse Berlins, die katholische Präsenz in dieser Hinsicht zu stärken. Berlin spielt in einer Liga mit New York und Paris, die ganze Welt schaut auf die deutsche Hauptstadt.

KNA: Der "Berliner Dialog der Religionen" gehört zu den Initiativen Wowereits, bei denen auch die Kirchen angefragt sind. Was halten Sie davon?

Köppen: Diese Initiative hat sich so entwickelt, wie wir es gehofft hatten. Zwar sehen wir es als Kirchen lieber, wenn ein interreligiöser Dialog ohne den Staat in Gang kommt, aber für Berlin war es dennoch eine gute Idee. Die Stadt ist sehr weitläufig, deshalb ist es für die vielen verschiedenen Religionsgemeinschaften sehr viel schwieriger als auf dem Lande, Kontakte zu knüpfen. Wir sind dem Senat dankbar für die Plattform, auf der wir uns kennenlernen und vernetzen konnten, für die erforderlichen Räume und die Moderation. Nun geht die Entwicklung dahin, dass die Religionen den Dialog immer mehr selbst verantworten, und das ist auch gut so.