"Fürchtet Euch nicht, denn ich verkünde Euch eine große Freude, die allen Menschen zuteil werden soll: Heute ist Euch der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.“ Heißt es in der Weihnachtsgeschichte. In der Realität fällt es oft schwer, sich zu freuen. Ich werde einen Weihnachtsgottesdienst mit den Gefangenen der JVA Moabit feiern. Ob sie sich so recht freuen können? Wer das ganze Jahr über wenig Anlass hatte zur Freude, wem Zufriedenheit nicht geschenkt und Vertrauen nicht entgegengebracht wurde, tut sich schwer mit himmlischen Botschaften. So mancher ist gebeutelt vom Kampf um die Existenz. Schicksalsdiagnosen wie Krebs oder Depression brechen in ein Leben ein. Einsamkeit beschleicht einen mitten im Weihnachtstrubel. - Nein, „Friede, Freude, Eierkuchen“ gibt's auch unterm Christbaum nicht. Wir sind noch nicht angekommen in der himmlischen Vollkommenheit.
Darum tut es uns gut, in die Weihnachtsgeschichte hinein zu hören: Einfachen Menschen, den Hirten, wird gedeutet, was sich ganz in ihrer Nähe ereignet hat: „Heute ist Euch der Retter geboren.“ Die Hirten gehen los, um nachzusehen, ob stimmt, was sie da gehört haben. Aus den Ohrenzeugen werden Augenzeugen: Sie finden das Kind - und aus Augenzeugen werden Glaubenszeugen: Die Hirten sagen weiter, was sie in Betlehem erlebt haben. Tragen die Botschaft von der Geburt Jesu auf ihre Weise in die Welt.
„Freut euch! Denn es kann keine Trauer geben, wenn das Leben geboren wird.“ (vgl. Papst Leo der Große) Diese Aufforderung soll alle erreichen: die Familien und die Singles, die Verkäuferinnen im Supermarkt und die Politiker im Roten Rathaus, die Fröhlichen und die Traurigen, die Verbitterten und die Ratlosen. In dem Kind von Betlehem ist Gott einer von uns geworden, unser aller Bruder. Er hielt nicht fest an seiner Gottheit, die fern und unerreichbar für die Menschen scheint. Ganz bei uns will er sein, er steht zu uns.
Deshalb haben wir guten Grund, uns zu freuen. Diese Freude wünsche ich Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer. Möge sich erfüllen, wonach Sie sich sehnen, was Sie für sich und für alle, die zu Ihnen gehören, erhoffen.
Gesegnete, frohe Weihnachten.