Vortrag und Austausch von Katholischer Kirche und Berliner Polizei
„Man muss ein hohes Maß an krimineller Energie haben“, ein leichtes Zucken war bei den leitenden Beamten der Berliner Polizei zu erkennen, als Generalvikar Pater Manfred Kollig SSCC auf ethische Kriterien für Führungskräfte zu sprechen kam, „man darf sie nur nicht einsetzen.“ Oder mit anderen Worten: es ist wichtig, bestimmte Mechanismen zu durchschauen und Machtstrukturen zu erkennen, „naiv darf man nicht sein“.
Der Berliner Polizeiseelsorger Frank-Peter Bitter hatte Direktions-Leiter u. Leiterinnen mit Stellvertretern und Stellvertreterinnen, den Leiter des Landeskriminalamtes und die Leiterin der Polizei-Akademie, sowie den Vize-Präsident Marco Langner mit dem katholischen Berliner Generalvikar eingeladen und zusammengebracht um sie über ethische Aspekte der Arbeit ins Gespräch zu bringen.
Pater Manfred, Leiter der Verwaltung und Stellvertreter des Erzbischofs von Berlin, würdigte die herausfordernde Arbeit der Berliner Polizei. „Es werden von Ihnen häufig im Bruchteil von Sekunden Entscheidungen von großer Tragweite erwartet, das ist eine enorme Verantwortung, für die ich großen Respekt habe.“
Weit davon entfernt den Polizeibeamten ihre Arbeit zu erklären, stellte er dar, wo das christliche Bild vom Menschen hilfreich sein könnte im Arbeitsalltag der Polizei: „Für uns Christen gehört dazu, jedem Menschen eine Zukunftsperspektive zu geben, und ihn nicht nur auf einen Aspekt zu reduzieren. Genauso wenig, wie ich nur Ordensmann bin, ist ein Polizist nie nur Polizist, und auch der Verbrecher nie nur Verbrecher.“
In einem offenen Gespräch würdigten die Polizeibeamten das Angebot der kirchlichen Polizei-Seelsorge – „da sind Gespräche möglich, für die sonst keine Zeit und kein Platz ist“ – und erkannten mitunter Ähnlichkeiten in den Problemen wie in den Lösungsansätzen. Es fängt damit an, dass sowohl die Beamten in Uniform als auch den Geistlichen in Priesterkleidung mit vergleichbaren Vorurteilen konfrontiert und nur als Vertreter der Institution und nicht als Individuen gesehen werden.
Pater Manfred plädierte auch für einen differenzierten Blick auf Täter: „Als Christen glauben wir, dass auch die Täter von Gott angenommen sind, was nicht heißt, dass wir ihre Taten gut heißen.“ Und auch in Dilemma-Situationen ermutigt der Berliner Generalvikar, die Zweifel und Unsicherheiten ernst zu nehmen. Wir bejahen die Komplexität und verweigern uns vermeintlich einfachen Lösungen.“ Aus seiner Sicht entscheide sich die Zukunft unserer Gesellschaft an der Frage der Solidarität: „Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, was richtig und falsch, was das richtige ist für den konkreten Menschen, dem wir begegnen, als Seelsorger und als Polizisten!“
Im Gespräch ging es dann auch um Fragen der Ethik in der Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wie ein Klima der Fehlerfreundlichkeit tatsächlich umgesetzt werden kann „Wir müssen oft sanktionieren, bevor wir überhaupt wissen, was passiert ist“, beklagte eine Gesprächsteilnehmerin, „schnelle Repression führt den anderen nicht zur Veränderung“, pflichtete eine andere bei. Gleichzeitig sei es schwierig, zu unterscheiden, wer von den Mitarbeitenden um der Sache willen berate und wer vorrangig lediglich eigene Ziele und Wünsche verfolge.
Glaube, gar Glaubensbekenntnisse, seien in der Berliner Polizei ein absolutes Tabu, so die Übereinstimmung in der Runde, Pater Manfred vermutete eine besondere Sensibilität für das Thema Neutralität als Grund. Dafür zu sorgen, dass kein Mensch in unserem Land wegen seiner Herkunft oder seines Geschlechts, seiner politischen oder religiösen Überzeugung benachteiligt noch bevorzugt werden dürfe, sei Grundlage für den Frieden, fuhr er fort. Wichtig sei es, sich in Gesprächsrunden wie dieser über den Mehrwert religiöser Überzeugungen ebenso wie die Gefahren religiös motivierter psychischer und physischer Gewalt auszutauschen. Entsprechend wurde eine jährliche Wiederholung eines solchen Treffens vereinbart.