Filmtipp: Das neue Evangelium

THE NEW GOSPEL I T ® Fruitmarket Langfilm IIPM Armin Smailovic

Vielleicht ist es nicht die richtige Kirchen-Jahreszeit, um eine Neuauflage der Passionserzählung in die Kinos zu bringen. Andererseits gibt es kein Versprechen, dass im Advent und Weihnachten die Not getilgt, die Leiden gelindert wären, im Gegenteil: wenn es auch in Süditalien oder Griechenland kalt wird, geht es den Menschen in den Flüchtlingslagern noch schlechter. Die Initiative „Kein Weihnachten in Moria“ erinnert daran.
Es ist also vielleicht doch die richtige Kirchen-Jahreszeit, wenn der Film DAS NEUE EVANGELIUM von Milo Rau ausgerechnet in diesen Tagen startet und – wie sollte es anders sein – nur online.

Und so begegnet uns in DAS NEUE EVANGELIUM mitten in der – Corona-getrübten – adventlichen Gemütlichkeit der schwarze Flüchtlingsaktivisten Yvan Sagnet als Jesus-Darsteller und lenkt den Blick auf Ungerechtigkeit und Ausbeutung von Flüchtlingen im südlichen Italien.

Der Film von Regisseur Milo Rau entstand, als das süditalienische Matera „Kulturhauptstadt Europas 2019“ wurde. In Matera, dem „Jerusalem“ des Weltkinos wurden einerseits DAS 1. EVANGELIUM – MATTHÄUS von Pier Paolo Pasolini und DIE PASSION CHRISTI von Mel Gibson gedreht – auch Szenen des neuen James-Bond-Films wurden dort inszeniert. Andererseits ist die antike Stadt Matera umgeben von Flüchtlingslagern. Viele Flüchtlinge werden als billige Arbeitskräfte in mafiösen Abhängigkeiten und ausgenutzt für die Tomatenernte, ohne dass Sie eigene Rechte haben.

Milo Rau zieht diese beiden Wirklichkeiten in seinem Film auf provokative Weise zusammen, entstanden ist eine provozierende Mischung von Sandalenfilm, Passionserzählung, Casting-Situationen, „Making-Off“-Szenen und dokumentarischen Schilderungen des Kampfes um Gerechtigkeit für die Flüchtlinge.

Der Film endet weder mit Kreuzigung noch mit Auferstehung, dafür gibt es auf der begleitenden Internetseite ein Spendenkonto und die Möglichkeit soziale Projekte zugunsten der Flüchtlinge zu unterstützen.

Respekt verdient auch, dass die Kuratoren der Kulturhauptstadt-Projekte, Milo Rau freie Hand gelassen haben, seine Wahrnehmung von Matera zu schildern, die nicht beim „antiken Frieden“ (so Rau) der Stadt selbst zu bleiben sondern die Ungerechtigkeit nicht auszublenden.

Und dann passt der Film doch in die Vorweihnachtszeit: denn Gutscheine, um den Film online zu sehen, kann man nicht nur selbst kaufen sondern auch als Geschenkgutschein zusammen mit fair geernteten Tomaten verschenken.

https://dasneueevangelium.de/