Berlin (KNA) "Wahrscheinlich bin ich der Jüngste hier", sagt Pater Manfred Kollig zu Beginn. Alles stutzt. Nach einer wohlgesetzten Pause fährt er fort: "Was meine Zeit in Berlin anbelangt." Alles lacht. Der neue Generalvikar des Erzbistums Berlin, der im Februar von Münster in die Hauptstadt wechselte, verschafft sich gleich einen guten Einstieg bei den vorrangig katholischen jungen Menschen, die sich am Freitagabend im Kinder- und Jugendzentrum Steinhaus der Caritas im Berliner Osten zusammengefunden haben.
Um mit Vertretern aus Politik, Kirche und Gesellschaft über ihre Vorstellungen vom Leben, ihre Wünsche und Sorgen zu sprechen, haben sich die Jugendlichen vier Prominente eingeladen: Neben Kollig die Jugend- und Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), die Caritas-Direktorin im Erzbistum Berlin, Ulrike Kostka, und den 26-jährigen Rapper Drob Dynamic.
"Hallo, hört uns zu!" lautet der jugendlich-saloppe Titel der Veranstaltung. Vier Stationen mit Stichworten zu den Themen Familie, Schule, Freizeit, Werte/Religion/Kirche haben die Jugendlichen vorbereitet. Per Los werden kleine Gesprächsgruppen gebildet. Kolligs Gruppe ist klein und fein: Die zwei Jungen, Lucas und Martin, sind Schulsprecher an der Neuköllner Schule Sankt Marien, das Mädchen Jiska geht aufs Canisiuskolleg. Der Austausch ist angeregt und intensiv.
Kollig erweist sich wie zu Beginn als humorvoll, kann aber auch gut zuhören. Die Entgegnungen des kirchlichen Verwaltungschefs sind teils diplomatisch, aber sie sagen seinen jungen Gesprächspartnern durchaus zu. Etwa wenn er auf die Frage nach dem Umgang mit nicht traditionellen Familienformen und homosexuellen Paaren entgegnet: "Für mich ist es am wichtigsten, dass die zwei sich einig darüber werden, was für sie das Beste ist. Dass die Beziehung gut ist und nicht einer Macht über den anderen gewinnt. Das kann ich nicht über Normen regeln." Und ergänzend erklärt er, warum es aus katholischer Sicht einen Unterschied zwischen einer homosexuellen Partnerschaft und der Ehe gibt und worin er besteht.
Diese Mischung aus menschlicher Offenheit und klarer Haltung kommt an. Kollig wiederum freut sich zu hören, dass die Jugendlichen sowohl im Freizeitbereich als auch in der Wertevermittlung gute Erfahrungen mit ihrer Kirche gemacht haben. Wie Martin sagt, hätten sie Toleranz mit anderen auf der Grundlage der eigenen Position gelernt. "Die Kirche darf kein geschlossener Club sein", bestätigt Kollig, was wiederum auf Zustimmung stößt. Scherzhaft sagt er deshalb: "Wir kommen ja hier gar nicht zu einer kontroversen Debatte." Das tut dem Austausch keinen Abbruch, der auch in den anderen Gruppen lebhaft vonstatten geht. Am Ende bilanziert Jiska: "Ich fand's gut." Auch die geladenen Prominenten sind angetan vom Format der Veranstaltung.
Auf die Abschlussfrage, was die Teilnehmer am kommenden Montag in Auswertung des Treffens tun, landet Rapper Drob Dynamic einen Lacher. Er verweist auf seine Bachelorarbeit, die er derzeit zum Thema Jugendszene schreibt, lobt die Gespräche an diesem Nachmittag als bereichernd: "Wenn ich eine Eins bekomme, seid ihr schuld." Pater Manfred wiederum schlägt noch einmal den Grundtenor von Klarheit und Offenheit an: "Religion muss sich daran messen lassen, wie sie zur Klärung der eigenen Position beiträgt, um Toleranz und Respekt anderen gegenüber zu ermöglichen."