"Before I die ..." steht in großen Buchstaben auf einer Tafel: "Bevor ich sterbe ..." In den Hackeschen Höfen, einem der Touristenmagneten Berlins, kann jeder in einem Satz ergänzen, was ihm vor dem letzten Atemzug ganz besonders wichtig ist. Das Erzbistum Berlin griff damit in den vergangenen beiden Wochen eine Initiative der US-Künstlerin Candy Chang auf, die seit mehreren Jahren um die Welt geht.
Nach dem Verlust eines Freundes hatte Chang den Satzanfang an die Wand eines leer stehenden Hauses ihrer Heimatstadt New Orleans geschrieben. Bald ergänzten Passanten die Worte mit ihren Wünsche und Hoffnungen. Auf bislang 500 Tafelwänden fand die Aktion seither in mehr als 70 Ländern Nachahmer. In Berlin kam die Initiative dazu von Carla Böhnstedt, die im Auftrag des Erzbistums mit weiteren Mitarbeiterinnen nach neuen Formen der Seelsorge sucht.
Die Hackeschen Höfe, ein Ensemble von Kinos, Galerien und Cafes im Zentrum der Hauptstadt, schienen ihnen ein geeignetes Umfeld. Bei dem Betreiber rannten sie mit ihrem Projekt offene Türen ein. "Das Thema trifft jeden", so Ingo Schulz, der die Höfe verwaltet. "Das Flugzeugunglück von Südfrankreich hat unserem Projekt zuletzt einen unerwarteten Schub gebracht", bilanziert auch die 42-jährige Diplom-Theologin nachdenklich. "Vielen Menschen wurde bewusst, wie schnell es zuende gehen kann."
Aber schon in den Tagen zuvor machten Tausende Besucher der Hackeschen Höfe vor der ungewöhnlichen Installation Halt, nahmen die Kreide in die Hand oder lasen nur die Äußerungen der anderen. "Bevor ich sterbe, möchte ich sagen können, dass ich nichts bereue", stand da bedeutungsschwanger in Anspielung auch ein berühmtes Chanson von Edith Piaf. Aber auch eher schlichte Sehnsüchte wurden offenbar wie der Wunsch, einmal um die Welt zu reisen.
Drei Mal, am Wochenende auch fünf Mal täglich wischten Carla Böhnstedt und ihre Mitstreiterinnen die Inschriften weg, nicht ohne sie zuvor im Foto zu dokumentieren. "Dann entwickelten sich immer wieder Gespräche darüber, was das Leben eigentlich ausmacht", freut sich die Theologin. Die vielen Eindrücke bei dem Projekt will sie nun für ihre pastoralen Überlegungen auswerten. "Wir schauen noch zu oft aus einem binnenkirchlichen Blickwinkel auf andere Menschen", räumt sie selbstkritisch ein, "und müssen sensibler dafür werden, was sie umtreibt".
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