Berlin (KNA) Der Studiengang ist noch ganz jung, die Studierenden aber eher älteren Semesters: An der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB) gibt es seit kurzem "Soziale Gerontologie". Das Angebot ist zumindest für Ostdeutschland einzigartig. Da es berufsbegleitend konzipiert ist, zieht es vor allem erfahrene Kräfte aus Pflegeberufen an. Von den bislang 24 Studierenden sind die jüngsten sind Ende 20, die ältesten gehen auf Mitte 50 zu.
"Das Besondere dieses Studiengangs ist, dass er akademisch erstqualifizierend und trotzdem berufsbegleitend ist. Meines Wissens ist das bundesweit einzigartig", erläutert die Leiterin der Fachrichtung "Soziale Gerontologie", Claudia Schacke. Im Mittelpunkt steht ein möglichst hoher Praxisbezug. Schacke selbst hat sich viele Jahre wissenschaftlich mit Demenz und deren Bedeutung für Angehörige, mit Präventionsprojekten sowie mit Depression und Gewalt im Alter befasst.
Zu der auf sechs Semester angelegten Ausbildung gehören Hospiz- oder Palliativthemen sowie die Arbeit mit alten und demenziell erkrankten Menschen. "Unser Schwerpunkt ist die Schnittstelle von Pflege und Hilfebedarf", erklärt Schacke. Neben "typischen Alterserkrankungen" erfahren die Studierenden, "was es bedeutet, an einer Demenz erkrankt zu sein - für den Betroffenen aber auch für die Angehörigen". Die Studenten erhalten neben Grundlagen zur Gerontologie auch "substanzielles Wissen in rechtlichen Fragen sowie psychosoziale und kommunikative Kompetenzen vermittelt", so Schacke.
Für Toralf Heider, Pflegedienstleiter einer stationären Altenpflege in Brandenburg an der Havel, der zum ersten Mal studiert, "ist alles sehr praxisbezogen". Den 44-Jährigen interessieren Themen wie "Demenz, die demografische Entwicklung, Altersbilder, aber auch Stressmodelle, die man praktisch in der Arbeit anwenden kann". Auch Markus Beyer (28) aus dem Caritas-Seniorenzentrum Sankt Josef in Stralsund lobt: "Was ich täglich in der Arbeit mache, kann ich hier noch einmal mit einem ganz anderen theoretischen Hintergrund festigen. Ich bekomme hier ein Wissen, um gestalten zu können."
Neben den Themen Krankheit und Gebrechen gehören auch der Umgang mit dem Tod sowie ethische Fragen zum Lehrplan. Karin Böhm (52) kommt eigens aus Bayreuth zum Studium nach Berlin-Karlshorst. Die gelernte Physiotherapeutin arbeitet in der gerontopsychiatrischen Beratungsstelle des Seniorenamts ihrer Stadtverwaltung. Ihre Erwartungen beim Studium haben sich bisher erfüllt: "Es geht sehr in die Tiefe". Es seien Themen "wie Depression oder Suizidalität, die mich sehr berühren, genauso wie die Begleitung am Lebensende, also Palliativ- und Hospizarbeit".
Wer den kirchlichen Auftrag der KHSB respektiert, kann dort unabhängig von seiner eigenen Weltanschauung studieren. Das gehe problemlos, bestätigt etwa Zeynep-Uysal Petrifke (43). Die Muslima arbeitet als Altenpflegerin für eine große türkische Hauskrankenpflege mit Wohngemeinschaften und eigenem Hospiz in Berlin.
Dass viele ihrer Studierenden "gestandene" Menschen aus der Praxis sind, sieht Professorin Schacke als Gewinn: "Sie bringen unheimlich viel aus ihrer Praxis in die Lehre ein. Ihre Erfahrungen und Fragen befruchten auch unsere wissenschaftliche Arbeit." Häufig klafften immer noch Theorie und Praxis weit auseinanderklaffen. "Mit unserem Studiengang sind wir angetreten, um diese Kluft ein Stück weit zu überbrücken."