Beim Gesprächsabend „Digitale Welt/ Analoge Stadt“ im ökumenischen Zentrum St. Adalbert trafen sich kirchlich engagierte Menschen und Online-Experten bei einer für beide Seiten bereichernden Diskussion.
Vom Café St. Oberholz, schon seit Jahren die zweite Heimat der digitalen Bohème, bis zur Kirche St. Adalbert läuft man kaum fünf Minuten. Und doch scheinen die zwei Welten so verschieden, dass man nicht damit rechnet, Schnittmengen zu finden.
Beim vom Projekt St. Adalbert, dem Ökumenischen Rat Berlin Brandenburg und der Initiative „Gemeinsam für Berlin“ veranstalteten Gesprächsabend im Ökumenischen Zentrum St. Adalbert sollten sich diese beiden Welten begegnen.
Es gelang. Auf dem Podium diskutierten, moderiert durch den Journalisten Christian Marx, Berliner Online- und Kommunikationsexperten. Unter den Zuhörern waren einige junge Frauen und Männer, die bei Startup-Unternehmen arbeiten, und sogar zwei Große der Szene: David Diallo und Philip Siefer. Diallo, nach dem Verkauf des von ihm gegründeten Portals myphotobook.com Vorstand bei der gemeinnützigen Noah-Foundation, gab zu, dass er bisher noch nichts von der Existenz St. Adalberts gewusst habe: „Ich wohne hier seit zehn Jahren und war noch nie hier.“ Philip Siefer betreibt in Berlin das Unternehmen Stickvogel GmbH. Im Lauf der Diskussion mit den nicht durchgehend Startup-affinen Zuhörern bekannte er, er fühle sich „wie in einer Vergangenheits-Talksshow“.
Inzwischen war auf dem Podium Berlin als Kulminationspunkt der Startup-Szene Thema. „Ich möchte Berlin zu einem besseren Ort machen“, so Podiumsgast Linda Guddat, Projektleiterin des Think-and-Do-Tanks Futurminded. In der Stadt, auch in der Kirche, seien unterschiedliche Beweger. So könne eine Ermutigungskultur und Innovation entstehen. Um das möglich zu machen, brauche es einen physischen Ort.
Schnell kam man auf spirituelle Themen: „Was ist es, das die Menschen in einem Unternehmen über das Geldverdienen hinaus verbindet?“ fragte Cedric Neike von Cisco Systems. Dennis Hoenig-Ohnsorg vom Netzwerk Ashoka berichtete von dem Ethik-Retreat-Tag, den sein Unternehmen eingeführt habe. Der diene dazu, ethische Themen anzusprechen, für die sonst nie Zeit sei. „Die Sinnsuche der Menschen nimmt zu“, sagte er. Und der Wunsch, Geld, das ein Unternehmen verdiene, in sinnvolle Projekt zu stecken. Social entrepreneurship. „Wir leben auf einer Insel der Glückseligkeit in Deutschland“, sagte Cedric Neike in Anspielung auf die vergleichsweise guten hiesigen Arbeits- und Lebensbedingungen, „Wir haben eine globale Verantwortung. “
Und welche Rolle hat die Kirche in diesem Zusammenhang? Chancen der Zusammenarbeit gebe es, da waren sich die Podiumsteilnehmer einig. Aber, so David Diallo: „Die Leute machen eher Yoga als dass sie Orte der Besinnlichkeit aufsuchen würden. Der Zug ist der Kirche ganz schön schnell davongefahren.“ Auch BMW-Stiftungs-Vorstand Markus Hipp, selbst Katholik, sah Optimierungsbedarf: „Kirche muss eine Transformation erleben“, sagte er. Zöge man die Kirche wie ein Startup auf - mit einem Visionär wie Papst Franziskus als CEO - stünden die Chancen gut, meinte Philip Siefer.
Auch wenn Siefers Gedankenspiel auf die Kirche nicht eins zu eins übertragen werden kann – der Abend war für beide Seiten gewinnbringend. Linda Guddat fasste es so zusammen: „Wer in andere Welten geht, kommt bereichert zurück.“