Überraschungskandidat mit großem SympathiefaktorUlrich Neymeyr ist neuer Bischof von Erfurt

Türme des Erfurter Domes St. Marien, Foto: Peter Weidemann (Pfarrbriefservice)

Erfurt (KNA) Sein bisheriger "Chef" bescheinigte Ulrich Neymeyr "herausragende Arbeit". Beim Abschied aus Mainz sagte Kardinal Karl Lehmann über seinen langjährigen Weihbischof: "Jeder wusste, dass du zum Amt eines Diözesanbischofs das Zeug hast." Ab jetzt muss Neymeyr es unter Beweis stellen. Gut zwei Jahre nach dem krankheitsbedingten Rücktritt von Bischof Joachim Wanke trat der 57-Jährige am Samstag dessen Nachfolge an. Er steht nun an der Spitze des 1994 neugegründeten Bistums Erfurt.

Dabei war Neymeyr nicht unter den vermeintlich "heißen Kandidaten" für das Amt. Zumindest wurde der Mainzer Weihbischof in den vergangenen beiden Jahren nicht öffentlich "gehandelt", als es um die Nachfolge von Joachim Wanke als Bischof von Erfurt ging. Doch am 19. September berief Papst Franziskus den 57-Jährigen nach einem mehrstufigen Verfahren an die Spitze des ostdeutschen Bistums mit seinen 152.000 Katholiken.

Über die Grenzen seines Heimatbistums hinaus war der gebürtige Wormser bislang kaum bekannt. Mit plakativen Äußerungen trat er öffentlich nicht in Erscheinung in seinen über elf Jahren als Weihbischof an der Seite von Kardinal Karl Lehmann. Beobachter bescheinigen ihm aber eine hohe theologische Kompetenz und große pastorale Erfahrung. Zudem öffnet ihm sein bescheidenes, sympathisches Auftreten viele Türen. Insbesondere zu Jugendlichen hat er einen guten Draht.

Mit den rückläufigen Trends in der Kirche gibt er sich nicht zufrieden. So wünscht er sich, "dass es uns gelingt, möglichst viele Menschen anzusprechen und einzuladen. Dass wir Kontakt zu möglichst vielen Lebenswelten bauen." Damit liegt Neymeyr auf einer Linie mit seinem Amtsvorgänger Joachim Wanke. In über 31 Amtsjahren hatte Wanke immer wieder nachdrücklich dafür geworben, dass die Christen für ihren Glauben öffentlich eintreten.

Erfahrungen mit unterschiedlichen Lebenswelten hat Neymeyr bereits im Bistum Mainz gemacht, das wie die Diözese Erfurt katholisch geprägte Regionen ebenso wie Diasporagebiete umfasst. In der Deutschen Bischofskonferenz gehört er der Publizistik- und der Jugend-Kommission an. Zudem sitzt Neymeyr im Aufsichtsrat der katholischen Journalistenschule "ifp". So kann er als "mediennah" gelten, auch wenn er nicht durch Talkshows tourt.

Neymeyr war 45 Jahre alt, als Papst Johannes Paul II. ihn im Februar 2003 zum Mainzer Weihbischof ernannte. Zwei Monate später erhielt er im Dom der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt von Kardinal Lehmann die Bischofsweihe. Sein bischöflicher Wahlspruch lautet seither "Christus suscepit nos" (Christus hat uns angenommen).

Aufgewachsen ist Neymeyr als Jüngster von drei Geschwistern in einem, wie er selber sagt, "religiös geprägten Elternhaus". Stark engagierte er sich als Messdiener und Pfadfinder, worunter mitunter seine schulischen Leistungen litten, wie er einräumt. Zugleich reifte in ihm der Wunsch, Priester zu werden. "Ich habe bei Jugendlichen und Erwachsenen erfahren, wie ihnen der Glaube hilft, und das hat mich auch herausgefordert, ob ich das nicht zu meinem Beruf mache: andere zum Glauben anstecken", sagte er in einem Interview.

Nach einem mit Bestnoten absolvierten Theologiestudium in Mainz und Münster weihte der damalige Mainzer Kardinal Hermann Volk Neymeyr 1982 zum Priester. Nach Kaplansjahren wurde er zunächst Subregens des Mainzer Priesterseminars, später Pfarrer in Rüsselsheim und Worms. Als er sich dort von seiner Gemeinde verabschiedete, ließ er sie wissen, es könne nicht schaden, "wenn einer Weihbischof wird, der lieber Gemeindepfarrer geblieben wäre".

In seiner Doktorarbeit schrieb Neymeyr über "Die christlichen Lehrer im zweiten Jahrhundert". Im Bistum Mainz bekundete er auch als Vizepräsident der Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte Interesse für historische Verbindungen. Durch seine Berufung nach Erfurt kann Neymeyr nun selbst dazu beitragen. Mehr als ein Jahrtausend gehörte das Erfurter Kirchengebiet zum damaligen Erzbistum Mainz. Die besonderen Beziehungen sind seit der Zeit der DDR auch in zahlreichen Gemeindepartnerschaften präsent.