Am 22. November gehen die Katholiken im Erzbistum Berlin zur Wahl. Bernd Streich engagiert sich seit acht Jahren im Kirchenvorstand der Pfarrei Maria Königin des Friedens in Berlin-Biesdorf. Zudem ist Streich stellvertretender Vorsitzender der Vertreterversammlung der Kirchengemeinden im Erzbistum Berlin und Mitglied im Vorstand des Diözesanrats. Mit dem 61-Jährigen sprach Alfred Herrmann über das Verwaltungsgremium einer Pfarrei.
Frage: Was macht der Kirchenvorstand einer Pfarrei?
Streich: Der Kirchenvorstand verwaltet ihr Vermögen und vertritt sie nach außen hin. Je nach Größe der Pfarrei setzt er sich aus sechs bis zehn Personen zusammen. Der Vorsitzende ist immer der Pfarrer. Alle anderen Mitglieder sind gewählte Vertreter der Gemeinde und damit ehrenamtlich im Kirchenvorstand engagiert. Sie wählen aus ihren Reihen einen stellvertretenden Vorsitzenden. Der Kirchenvorstand muss über alle größeren Ausgaben einer Pfarrei beschließen, egal ob es um die Einstellung von Personal geht oder um Renovierungs-, Neubau- oder Umbaumaßnahmen. Auch der Pfarrer ist gebunden an die Beschlüsse des Kirchenvorstandes.
Frage: Wie gestaltet sich die Arbeit konkret?
Streich: Die finanztechnischen Aufgaben reichen vom Erstellen eines Wirtschaftsplans bis hin zur Entscheidung über die tatsächlichen Ausgaben. Hinzu kommt der Erhalt sowohl der verschiedensten Gebäude als auch der Unterhalt von Institutionen einer Pfarrei wie Kindertagesstätten oder auch mal einer Schule. Außerdem kümmert er sich um die personelle Ausstattung einer Pfarrei, also welche und wie viele hauptamtliche oder angestellte Personen sich eine Pfarrei leisten kann.
Frage: Wie gliedert sich die Arbeit im Kirchenvorstand?
Streich: Das hängt sehr von der Größe und der Struktur einer Pfarrei ab. Heute arbeiten fast alle Kirchenvorstände mit Ausschüssen. Häufig gibt es einen Bauausschuss oder einen Kita-Ausschuss. In Biesdorf haben wir einen Bauausschuss, und wenn Finanzfragen oder spezielle Probleme anstehen, bilden wir einen Ad-hoc-Ausschuss. Wir treffen uns in der Regel alle acht Wochen und wenn etwas Dringendes ansteht, auch häufiger. Viele notwendigen Unterlagen bekommen wir normaler Weise vom Rendanten zugearbeitet oder holen eigene Angebote oder Gutachten ein. Diese müssen wir dann prüfen, für uns abwägen und am Ende entscheiden. Der Kirchenvorstand ist dafür verantwortlich, dass das Vermögen der Pfarrei nicht verschleudert, sondern gut verwendet beziehungsweise bewahrt wird.
Frage: Was sollte ein Ehrenamtlicher mitbringen, wenn er sich zur Wahl stellen möchte?
Streich: Welche Kompetenzen man mitbringen muss, ist nicht geregelt. Aber schon allein die Materie, mit der sich ein Kirchenvorstand befasst, zeigt, dass man gewisse Vorkenntnisse mitbringen sollte. Diese können ganz verschieden sein. Manch einer ist eher in technischen oder bautechnischen, ein anderer mehr im juristischen, wieder ein anderer mehr in wirtschaftlichen Fragen bewandert. Gut ist es, wenn man in einem Kirchenvorstand die unterschiedlichsten Kompetenzen gebündelt hat.
Frage: Müssen Kirchenvorstandsmitglieder für Fehlentscheidungen haften?
Streich: Natürlich sind alle Kirchenvorstandsmitglieder an Sorgfalt und an Rechtschaffenheit in ihrer gewählten Amtsführung gebunden. Die Haftung selber ist, wie in anderen ehrenamtlichen Bereichen auch, entsprechend eigens abgesichert. Ich kenne aber bisher in unserem Erzbistum keinen einzigen Fall, bei denen Kirchenvorstandsmitglieder falsche Entscheidungen getroffen haben, für die sie dann persönlich haften mussten. Das würde willentliches Täuschen und willkürliches Handeln voraussetzen.
Frage: In welchen Bereichen haben sie sich in der vergangenen Wahlperiode engagiert?
Streich: In den vergangenen acht Jahren war ich vor allem in Personalfragen eingebunden, ein gerade in dieser Phase sehr empfindlicher Bereich. Sparmaßnahmen des Erzbistums zwangen uns dazu, Personal abzubauen. Daneben wurde ich für unseren Kirchenvorstand in die Vertreterversammlung des Erzbistums gewählt. In diesem bistumsweiten Gremium treffen sich Vertreter der Kirchenvorstände, um von der Bistumsleitung Auskunft und Rechenschaft zu fordern und sich über Fragen der praktischen Arbeit auszutauschen.
Frage: Was haben Sie Besonderes in dieser Zeit erlebt?
Streich: Biesdorf ist eine kleine Pfarrei. Wir haben weder eine Kita noch eine Schule. Aber wir verfügen über zwei Kirchenstandorte. In der vergangenen Wahlperiode mussten wir einen davon ersetzen. Die Kirche gehörte nicht der Pfarrei, sondern war Teil eines ehemaligen Altenheims, das vom Träger verkauft wurde. Wir suchten daher einen neuen Standort, mit dem Gemeinde weiterhin den Menschen nahe ist. Dank einer Kooperation mit der evangelischen Gemeinde ist es nun möglich, dass wir in einem evangelischen Gemeindezentrum sonntags Gottesdienst feiern und dort Seniorentreffen und Veranstaltungen abhalten können.
Frage: Kann das ein Kirchenvorstand alleine auf den Weg bringen?
Streich: Nein, Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat sollten eng zusammenarbeiten, auch wenn sie unterschiedlichen Aufgabenstellungen nachgehen. Wenn der Pfarrgemeinderat Ideen zur pastoralen Entwicklung einbringt, kann der Kirchenvorstand sofort die wirtschaftlichen Zusammenhänge mitbedenken. In Biesdorf treffen sich die beiden Gremien zweimal im Jahr zu einer gemeinsamen Sitzung. Daneben denken wir noch einen Schritt weiter. Einmal im Jahr treffen sich die beiden Gremien mit dem Gemeindekirchenrat der evangelischen und dem Vorstand der methodistischen Gemeinde. Dabei besprechen wir pastorale Fragen aber auch wie wir gemeinsam Räume nutzen oder als Christen gemeinsam besser nach außen hin auftreten können. Wir Christen sind in Marzahn aufeinander angewiesen.
Frage: Was erwartet Sie in den nächsten Jahren, wenn Sie gewählt werden?
Streich: Wir stehen mit dem Pastoralen Prozess vor spannenden pastoralen und strukturellen Herausforderungen. Wir hatten schon jetzt auf Kirchenvorstandsebene Gespräche mit unseren Nachbarpfarreien, um uns mit einigen Details bekannt zu machen. Ein wichtiges Thema wird außerdem sein, die personelle Ausstattung in den einzelnen Gemeinden zu entwickeln, die dann zu einer Pfarrei gehören.
Frage: Wie wird es nach dem Pastoralen Prozess weitergehen?
Streich: Es wird in den neuen Pfarreien künftig nur noch einen Gesamtkirchenvorstand geben, der alles in den ehemaligen drei, vier oder fünf Pfarreien im Blick haben muss. Damit nehmen die Management-Aufgaben stark zu, was auch bedeutet, dass Kirchenvorstandsmitglieder stärker weiterqualifiziert werden müssen.