Ich erinnere mich noch genau an den Weißen Sonntag 1963, als ich zu meiner ersten Heiligen Kommunion ging. Lange hatten wir Kinder uns mit unseren Familien auf diesen Tag vorbereitet. Ich ging sehr gerne zweimal in der Woche zum Erstkommunion-Unterricht, auch, weil ich mit meinen Freund:innen nachher immer noch lange zusammen alles Mögliche gespielt habe. Und dann die Vorbereitung für das Fest zuhause: Mein erster Anzug mit einer kurzen und einer langen Hose. Vor dem Weißen Sonntag war es warm geworden und es war für uns alle klar: Es ist die Zeit der kurzen Hose. Doch als ich am Weißen Sonntag aufwachte in aller Frühe: Es war ein Desaster. Es goss vom Himmel herab und ein Ende des Regenstroms war nirgendwo am Himmel zu erkennen. Also zogen wir vom benachbarten Pfarrzentrum mit langer Hose in die Kirche ein, begleitet von unseren Eltern mit ihren großen Schirmen. So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Aber das Unvorhergesehene fand eine unerwartete Wendung während der Predigt, als unser Kaplan uns zutiefst überzeugte, dass bei schönem Wetter jeder begeistert feiern könne, bei solch einem „Sauwetter“ aber nur wir das schaffen würden. Das Unvorhergesehene brachte uns damals und bringt auch noch heute oft großen Segen. Noch heute, wenn ich meine damaligen Freunde treffe, erzählen wir von diesem unserem – natürlich nicht nur wegen des Wetters – so einmaligen Erstkommunion-Tag.
Unvorhergesehen war es auch, dass ich ein halbes Jahr nach meiner Einführung als Erzbischof von Berlin nach langen Gesprächen und Überlegungen Pater Manfred Kollig am 02. Februar 2017 in das Amt des Generalvikars des Erzbistums Berlin einführte. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er dieses Amt angenommen hat mit all dem Unvorhersehbaren und all den Herausforderungen, die schon damals offensichtlich waren. Aber seitdem ist fast täglich neues Unerwartetes dazu gekommen, gutes und schlechtes. Auch wenn wir uns manche Überraschung lieber erspart hätten, viele dieser Ereignisse haben sich dann doch als segensreich erwiesen. Am Tag seines 40-jährigen Priesterjubiläums, am Weißen Sonntag diesen Jahres, bin ich ihm jedenfalls sehr dankbar, dass er bereit war, das Amt des Generalvikars zu übernehmen, auch und gerade in den aktuellen Herausforderungen der Covid-Pandemie, der Missbrauchsaufarbeitung und der inhaltlichen, strukturellen und kommunikativen Entwicklung unserer neuen Pfarreien und unseres Erzbistums.
Mit Pater Manfred Kollig hatte ich schon beim Weltjugendtag 2005 in Köln zusammengearbeitet. Er als Sekretär für den Bereich Liturgie, ich als Generalsekretär. Schon damals haben wir mit unseren Mitstreiter:innen so viele Überraschungen erlebt. Weltjugendtag ist eben nicht das Absolvieren von lange Geplantem: So viel Unvorhergesehenes, so viel Überraschendes, aber auch so viel Segen.
Ich möchte heute auch ausdrücklich seinem Orden, den Arnsteiner Patres, danken, die wohl anderes mit ihm im Sinn hatte und die trotzdem bereit waren, ihn für diesen Dienst im Erzbistum Berlin freizustellen. Das hat meine Hochachtung dieser Ordensgemeinschaft gegenüber noch verstärkt.
Und ich möchte all denen danken, die ihn heute in seiner Arbeit stützen und begleiten, den Leitungsverantwortlichen des Erzbistums und seiner Räte und des Ordinariats und den vielen, die für ihn beten. Ich danke ihnen sehr dafür.