Aschermittwoch der KünstlerKörperwelten und Kathedrale

Diözesanadministrator Tobias Przytarski teilt gemeinsam mit katholischen und evangelischen Geistlichen beim Aschermittwoch der Künstler das Aschekreuz aus. Foto: Alexandra Wolff

Zum ersten Mal wirkte nicht mehr Salesianerpater Thomas Astan, sondern der Kunstbeauftragte des Erzbistums Berlin, Jesuitenpater Georg Maria Roers, beim Aschermittwoch der Künstler in Berlin-Plötzensee entscheidend mit.

Beide großen, christlichen Kirchen Berlins luden zum Aschermittwoch der Künstler ein. Neben Roers wirkte auch sein evangelisches Pendant Pfarrer Christhard- Georg Neubert mit. Er ist der Kunstbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz (EKBO).

Kunst und Fasten nicht zur Selbstdarstellung nutzen

Während des ökumenischen Vespergottesdienstes in der katholischen Gedenkkirche Maria Regina Martyrum predigte EKBO-Bischof Markus Dröge darüber, dass sowohl Kunst als auch Fasten und Gebet nicht zur Selbstdarstellung genutzt werden dürften. Gute Taten sollten nicht gezeigt werden, damit jeder sieht, wie gut man ist. Wenn sie gezeigt werden, dann nur, um Gott zu dienen. Das sei der Unterschied zwischen den sich scheinbar widersprechenden Bibelstellen vom „sauertöpfischen Fasten“ (Mt 6, 1-4) und dem Licht, dass man auf den Leuchter stellt (Mt 5,14-16). Ähnlich verhalte es sich mit der Kunst, die ja auch geschaffen werde, um gezeigt zu werden, damit sie Fragen sichtbar machen kann. Allerdings: „Es muss nicht alles gezeigt werden, was gezeigt werden kann“, spielte Dröge auf das Museum des Anatomen Gunther von Hagens an, das am selben Tag im Sockelbau des Fernsehturms eröffnet wurde. Es müssen keine plastinierten Leichenteile auf dem Alexanderplatz gezeigt werden, die schamlos den Menschen auf seine materiellen Bestandteile reduzieren, ihm eine tröstliche Bestattung vorenthalten und einer würdigen Gedenkkultur berauben. Hier wird der Lust an der Sensation gedient und nicht einem tieferen Verstehen des menschlichen Wesens.“ Der evangelische Bischof verurteilte es als „peinlich, wenn Berlin sich eine solch blamable Visitenkarte gibt, wenn Tote mit solch durchsichtigen kommerziellen Motiven im Herzen unserer Stadt zur Schau gestellt werden“. Dies sei mit der Würde des Menschen nicht vereinbar. „Und mit Kunst hat diese Show schon rein gar nichts zu tun“, fügte er hinzu. Er mahnte zur „Sensibilität, um zwischen billiger Schau und herausfordernder Kunst unterscheiden zu können“. Vor dem neuen Museum demonstrierten am selben Abend auch Christen mit einer „Trauerprozession“. Sie beteten für „die Wiederherstellung der menschlichen Würde der ausgestellten Leichen“. Schon eine Woche zuvor, als bekannt wurde, dass das Museum trotz einer Unterlassungsverfügung des Bezirksamts von Berlin-Mitte eröffnen kann, warf Roers dem Museum fehlende Wissenschaftlichkeit vor. Auch er glaubt, dass hier die Sensationslust im Vordergrund stehe. Zudem sei es „völlig gedankenlos“, das Museum am Aschermittwoch zu eröffnen. Dann beginnt für Christen die Fastenzeit zur Vorbereitung auf Ostern.

Der katholische Diözesanadministrator Prälat Tobias Przytarski wies in seiner Begrüßung auf das monumentale Altargemälde „Das himmlische Jerusalem“ von Georg Meistermann hin. Es zeigt eine Vision aus der Offenbarung des Johannes mit dem Lamm: „Für mich steht dieses apokalyptische Lamm zugleich für eine Mahnung und für die Hoffnung“, so Przytarski. „Es ermahnt uns, daran zu denken, dass unser Leben endlich ist. Jetzt ist die Zeit der Gnade. Wann sollten wir Buße tun, wenn nicht heute? Dafür ist auch die Asche ein Zeichen.“ Zugleich sei es das Lamm Gottes, das Hoffnung und Erwartungen wecke auf das Kommen des Herren und seine Gnade, fügte der Diözesanadministrator noch hinzu.

Dank für 15 Jahre Künstlerseelsorge

 Zuletzt dankte er auch Astan, der 15 Jahre lang als Künstlerseelsorger in Berlin tätig war. Zusammen mit Dröge teilte Przytarski schließlich das Aschekreuz an die Teilnehmer des Gottesdienstes aus. Anschließend hielt der Wiener Grafiker und Bildhauer Leo Zogmayer die Künstlerrede. Sein gemeinsam mit dem Architektenbüro Sichau und Walter (Fulda) erarbeiteter Entwurf erhielt im vergangenen Sommer den ersten Preis im Wettbewerb zur Umgestaltung der St.-Hedwigs- Kathedrale. In seiner Künstlerrede sprach er beispielsweise über andere Sakralräume, die er entworfen hat und auch über seine selbstgestalteten liturgischen Geräte und Gewänder. Zuletzt ging er noch einmal auf seinen Entwurf der Berliner Kathedrale ein und darauf, dass das Pantheon zu Zeiten Friedrichs II. Vorbild für die Kathedrale war: „Wenn Sie die Kuppel des Pantheons gedanklich zu einer Kugel verdoppeln, würde sie genau den Boden berühren. Würde man das bei der St.-Hedwigs-Kathedrale machen, würde die Kugel im Nichts stehen“, sagte er und verdeutlichte beide Aussagen mit einer Skizze, die auf einer Leinwand vor dem Altar aufgestellt wurde. „Denn dort, wo die Kugel aufkommt, ist das ‚Loch‘ zur Unterkirche.“ Nach Zogmayers Konzept kommt an die Stelle der Bodenöffnung ein halbrunder Altar, als „Antwort“ auf die halbrunde Kuppel. Künftig soll die Krypta vom Vorraum der Kathedrale aus zugänglich sein. Sein Entwurf entspreche auch den gottesdienstlichen Erfordernissen besser, erklärte Zogmayer. Die Umgestaltung ist jedoch umstritten. So wandten sich leitende Denkmalpfleger und Kunsthistoriker an die Deutsche Bischofskonferenz und warnten vor der Zerstörung eines Baudenkmals. „Es ist schlimm, wenn wichtige Zeugnisse der Vergangenheit zerstört werden“, gab Zogmayer in seiner Künstlerrede zu. „Aber die Demolierung der Gegenwart ist auch gefährlich.“

Derzeit lässt das Erzbistum den Entwurf konkreter ausarbeiten und weitere vorbereitende Arbeiten vornehmen. Nach dem Wechsel des ehemaligen Berliner Erzbischofs Kardinal Rainer Maria Woelki nach Köln kann erst sein Nachfolger den Start der Bauarbeiten anordnen. Dessen Ernennung wird im Laufe dieses Jahres erwartet.