Auf Zukunft gerichtet

Erzbischof Koch im Gespräch mit der Berliner Diözesanratsvorsitzenden Karlies Abmeier, Caritas-Direktorin Ulrike Kostka und der Potsdamer Beigeordneten Brigitte Schneider (von rechts) bei einer Podiumsdiskussion am Bistumstag. Foto: Angela Kröll

Die katholischen Christen schauten beim Bistumstag in Potsdam nicht nur auf ihre 300-jährige Geschichte. Sie wandten den Blick auch auf ihre Rolle als Mitgestalter einer lebenswerten Welt.

„Wir waren schon einmal weiter“, waren sich in Ost und West aufgewachsene Katholiken einig. Bei einer Podiumsdiskussion zum Bistumstag plädierten sie dafür, dass sich die katholische Kirche klarer und öffentlich vernehmbarer für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einsetzt.

Die Soziallehre sei kein Beschäftigungsfeld für Wissenschaftler, die Zeit übrig haben, sie gehöre ins Zentrum der Kirche, machte die Berliner Caritas-Direktorin Ulrike Kostka deutlich und sollte in den Gemeinden ständiger Diskussionsstoff sein. „Wir müssen wissen, warum wir Salz der Erde oder Licht der Welt sein sollen, andernfalls haben wir die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe verloren“, betonte sie und sah darin einen wesentlichen Zusammenhang zur aktuellen Kirchenkrise.

In der sozialen und ökologischen Krise sieht sie die Aufgabe der Christen darin, zum Zusammenhalt beizutragen, gerade auch mit Menschen, die andere Meinungen vertreten. „Unser soziales Miteinander zu zerstören, gehört zu Putins Kriegsstrategie. Diese Macht müssen wir ihm nehmen“, forderte Kostka.

Insbesondere sollten sich Christen in den aktuellen politischen Debatten gegen konstruierte Zielkonflikte zwischen Sozial- und Klimapolitik wehren, ergänzte Otmar Edenhofer, der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, „Wir befinden uns in einer Krise, in der alles miteinander zusammenhängt“, erläuterte er und wünschte sich mehr Mumm und Mut, die auf europäischer und Welt-Ebene gemeinsam anzugehen.

Erzbischof Heiner Koch und Charlotte Kremer, die Berlin- Brandenburger Sprecherin der Initiative „Christians for future“, wiesen auf die zuweilen vergessene spirituelle Kompetenz hin, die Christen in die Gesellschaft einzubringen hätten. Seelsorger sollten die Ängste und Unsicherheiten, die mit dem Klimawandel verbunden seien, verstärkt wahrnehmen und als Aufgabenfeld erkennen, schlug Charlotte Kremer vor.

Kostproben einer zukunftsfähigen Kirche

Entscheidend dafür, dass Christen in der Öffentlichkeit Gehör finden und als glaubwürdige Gesprächspartner akzeptiert werden, erachteten alle Diskussionsteilnehmer das ökumenische Zusammenwirken. Nicht von ungefähr war der Gottesdienst zum Abschluss des Bistumstages ökumenisch gestaltet. Schon bei den Vorbereitungen hatten die Mitglieder des Gottesdienst-Teams sich von ihren Vorstellungen einer zukunftsfähigen Kirche leiten lassen. So agierten Geistliche und Laien miteinander auf Augenhöhe. Jugendliche aus der katholischen Marienschule und aus evangelischen Potsdamer Stadtgemeinden lasen nicht einfach nur die vorbereiteten Texte der Erwachsenen vor, sondern brachten sich mit Gestaltungsideen und selbst formulierten Gebeten ein und spendeten zum Ausklang des Gottesdienstes den Segen an die Bistumstags-Teilnehmer.

Der entscheidende Impuls zur Lesung über Jesus als „wahres Licht der Welt“ kam nicht von einem Bischof oder Pfarrer, sondern von der Potsdamer Religionslehrerin Andrea Herzig, die ihre Gedanken an physikalische Erkenntnisse über das Licht knüpfte. „Wenn das wahre Licht in jedem von uns leuchtet, bedeutet das doch, dass wir einander Energie und Wärme geben können, uns gegenseitig Dinge erkennen lassen, füreinander neue Lebensprozesse in Gang setzen “, sagte sie ihren Zuhörern. Zur Fülle des Lebens finde, wer anderen sein Licht zur Verfügung stelle. Wer in jedem Menschen den Funken göttlichen Lichts suche, trage dazu bei, dass alle Ungleichheiten verschwinden und die Welt sich verwandelt.