Zum sechsten Mal kamen Christen in der Hauptstadt zum gemeinsamen Gebet „Eins in Christus“ zusammen. Dabei sammelten sie viele neue Eindrücke von der Spiritualität anderer.
Hunderte Gläubige unterschiedlicher Gemeinschaften und Religionen: Familien, Studenten und Senioren, Berliner, hier lebende Ausländer und Flüchtlinge trafen sich bei den Baptisten in Berlin-Schöneberg zu Gebet, Gesang, zum Zuhören, gemeinsamem Essen und zu Gesprächen.
In den vergangenen beiden Jahren musste der Gebetstag wegen der Pandemieregeln in den großen Berliner Dom umziehen. Umso zufriedener zeigten sich die Organisatoren, dass diesmal alle wieder im Haus der Baptisten in Schöneberg zusammenkommen konnten. Mehrere Ebenen und unterschiedlich große Bereiche ermöglichten mehrere Gebetsformate. Aber es konnten auch alle zusammen feiern.
Schon die Einführung war bunt und machte neugierig auf das Kommende. Eingebettet in einen musikalischen Rahmen, wurde von der Bühne angeleitet gemeinsam gebetet: Auf Aramäisch, Französisch und Spanisch war für alle am Schluss das „Amen“ vernehmbar. Denn an diesem Tag sollte das Verbindende im Mittelpunkt stehen. Eine chinesische Pfarrerin las in ihrer Muttersprache aus dem Philipper-Brief, der Text konnte übersetzt auf der Leinwand mitgelesen werden. „Was wäre das schön, wenn ich diese Sprache könnte, dann würde ich so viele Menschen erreichen!“, stieg Jesuitenpater Manfred Hösl, Pfarrer von St. Canisius in Berlin-Charlottenburg, mit seinen Grüßen ein. Er freue sich „wie Bolle“, hier zu sein und nahm die Menschen mit seiner lockeren Art mit auf einen kleinen Diskurs ins Katholische. Er wolle die anderen nicht für den Katholizismus umwerben, selbst aber unbedingt dabei bleiben, liebe die „telegenen Gewänder“, den „Weihrauch und das Gefuchtel damit“. Das zauberte ein Lächeln auf viele Gesichter im Publikum.
Gott in Tanz und Malerei begegnen
Später teilten sich die Gläubigen auf und nutzten die verschiedenen Gebetsangebote. Für Kinder hatten junge Leute des überkonfessionellen CVJM (Christlicher Verein junger Menschen) einen Raum vorbereitet. Im Souterrain empfingen Tänzer aus verschiedenen Gemeinden die Neugierigen. Sich zu meditativer Musik frei im Raum zu bewegen und dabei das Gespräch mit Gott zu suchen, konnte hier probiert werden – für die meisten eine neue Erfahrung. Am Altar der Paul-Gerhardt-Kirche leitete parallel der Vikarbischof der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland, Emmanuel Sfiatkos, ein orthodoxes Gebet. Nach 25 Minuten wurde getauscht.
Almut Siebel und Shaw Coleman von der Heilsarmee arbeiteten in der Turnhalle mit den Teilnehmern mit Papier und Farben. Vier große Blätter lagen vorbereitet in den Farben Blau, Grün, Rot und Schwarz-Grau auf den Tischen. „Wie fühle ich mich heute, wenn ich Gott begegne?“, sollten die Besucher überlegen und anschließend mit passenden Farben auf die Blätter bringen: Als Figuren, Farbverläufe, Muster. „Es ist toll, was in den drei Durchgängen zusammen gekommen ist“, sagte Shaw Coleman. Er selbst habe keinen so guten Tag gehabt, sich in dunklen Farben auf einer Felsspitze dargestellt. Was aufs Papier gezaubert wurde, hat alle begeistert. Die Menschen, so die Freikirchler, hätten das künstlerische Format sehr gut angenommen, und am Schluss seien die Blätter voller bunter Begegnungen mit Gott gewesen.
Das ökumenische Treffen war eine Brücke zwischen Allianzgebetswoche und Gebetswoche für die Einheit der Christen. Alle drei Angebote zeigen, wie groß Ökumene in Berlin schon zu Beginn des Jahres geschrieben wird. Der gemeinsame Gebetstag „Eins“ wurde unter anderem vom Ökumenischen Rat Berlin-Brandenburg, der Evangelischen Allianz in Berlin und dem internationalen Konvent christlicher Gemeinden initiiert. Etwa 50 Beteiligte aus Gemeinden, Vereinen und ökumenischen Projekten waren bei der Vorbereitung, auf der Bühne, an Gebetsstationen, im Technikoder Küchenbereich aktiv.
Mit einem Gebetskonzert ginge der abwechslungsreiche Nachmittag zu Ende.