Der selige Carlo Acutis hat bereits als Jugendlicher eine Ausstellung über eucharistische Wunder initiiert. Seit einem Jahr ist sie in Deutschland zu sehen. Nun ist sie in Ostdeutschland angekommen.
An den Wänden links und rechts stehen große Schautafeln, sie zeigen von der katholischen Kirche anerkannte eucharistische Wunder in eindrucksvollen Bildern und kurzen Texten. Die Kirche am südlichen Stadtrand von Berlin, in der die Ausstellung bis vor kurzem gezeigt wurde, scheint dafür wie geschaffen: Sanctissima Eucharistia, die heiligste Eucharistie, ist das Patronat der Pfarrkirche in Teltow – wo wäre eine Ausstellung über Orte wie Walldürn, Assisi oder die „Wunderblutkirche“ in Bad Wilsnack besser aufgehoben?
Am Sonntag nach Fronleichnam, als die Gemeinde ihr Patrozinium gefeiert hatte, war die Ausstellung hier wie auch im Nachbarort Kleinmachnow eröffnet worden. Bis vor kurzem war sie in beiden Kirchen zu sehen, nächste Station ist die St.-Matthias- Kirche in Berlin-Schöneberg am Winterfeldtplatz. Dort wird sie am Sonnabend, 30. Juli, eröffnet. Wie lange, ergibt sich je nach Publikumsinteresse. Dann wandern die Schautafeln weiter durch Ostdeutschland.
Teenager widmet sich Hostienwundern
Das Besondere: Auf den Weg gebracht hat diese besondere Ausstellung ein Jugendlicher: der „Cyber-Apostel“ Carlo Acutis, ein in London geborener italienischer Jugendlicher, der 2006 im Alter von nur 15 Jahren starb und 2020 in Assisi seliggesprochen wurde. Acutis hatte schon im Alter von elf Jahren begonnen, weltweit eucharistische Wunder zu recherchieren und katalogisieren, viele Orte besuchte er selbst.
So zeichnete er eine weltweite Spur, die von Turin, Walldürrn und Lourdes bis nach Amsterdam, Krakau und Paris reicht. Auch große Heilige wie Franz von Assisi werden porträtiert. Dass er dabei das Internet gezielt zur Glaubensverkündigung einsetzte, brachte ihm den Beinamen „Influencer Gottes“ ein. „Er ist der erste Selige mit eigener Mailadresse und Website“, sagte Pfarrer Tobias Brantl aus Kempten (Allgäu). Der Priester aus dem Bistum Augsburg hat sich mit dem Leben und Wirken des jungen Seligen intensiv beschäftigt und die Ausstellung in Teltow eröffnet. Und das Netzwerk, das der Jugendliche auf seinem kurzen Lebensweg aufgebaut hat, lebt und entwickelt sich weiter. Das ist die Bilanz der „Freunde von Carlo Acutis“, die die Ausstellung begleiten und nach einem Jahr ein zufriedenes Zwischenfazit ziehen. Denn die aus Acutis‘ Sammlung entwickelte Ausstellung wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und überall auf der Welt gezeigt – hierzulande in München, Köln und weiteren anderen deutschen und österreichischen Orten. Auf 48 großformatigen Postern werden die Orte eines kirchlich anerkannten eucharistischen Wunders mit Carlo Acutis‘ eigenen Fotos und Texten vorgestellt.
Überraschend große Resonanz
„München und Köln sind mir stark in Erinnerung geblieben“, erzählte Pfarrer Brantl. „Es gab in beiden Kirchen sehr viele Besucher, das hätte ich so nicht erwartet. Da sind viele Herzen aufgegangen.“ Und Christoph Smarzoch, einer der Mitorganisatoren der Kölner Ausstellung, der ebenfalls zur Eröffnung nach Teltow gekommen war, hob die positive Wirkung auf jugendliche Besucher hervor. „In Köln haben viele Jugendgruppen die Ausstellung besucht. Durch die ausgestellte Reliquie, ein Haar von Carlo Acutis, war es so, als sei er persönlich dabei gewesen“, sagte Smarzoch im Gespräch. „Carlo macht weiter, was er zu Lebzeiten gewirkt hat“, meinte Pfarrer Tobias Brantl. Schon damals sei er auf andere zugegangen, habe Menschen zusammengebracht. „Vernetzen von Leuten – das ist Carlos Sache. Und das geht weiter“, so auch Christoph Smarzoch.
Ein Beispiel dafür nannte Tobias Sippach aus Kempten, der Pfarrer Brantl nach Teltow begleitet hat. Der junge Mann stammt aus Kempten, ist Ministrant und arbeitet derzeit als Krankenpfleger. Er erinnerte sich an schwierige Begleitumstände bei der Münchner Ausstellung. So habe es im Sommer letzten Jahres dort immer wieder kleinere Attacken auf Kirchen gegeben, Altarräume seien beschädigt und Türen zugeklebt worden. In dieser Situation habe die Gemeinde Heilig Geist ausgerechnet ein Plakat in Regenbogenfarben zur Acutis-Ausstellung drucken lassen, was in der Gemeinde durchaus umstritten gewesen sei. Doch das Plakat habe seine Wirkung nicht verfehlt – plötzlich hätten sich junge Leute mit Regenbogenfahne auf dem Rücken die Ausstellung angeschaut, alles sei friedlich verlaufen. Für Tobias Sippach ein Wink des Himmels: „Carlo hat nicht mit Hass reagiert“, meinte der junge Mann im Gespräch.
Acutis ist Inspiration für andere junge Christen
Dass der früh gestorbene Selige eine starke Ausstrahlung auf Jugendliche hat, konnte auch Lars Hochholzer bestätigen. Er hat ebenfalls den Kemptener Pfarrer nach Teltow begleitet. 2020 war er mit dabei, als Carlo Acutis in Assisi seliggesprochen wurde. Carlo sei offen aufgebahrt worden, und viele Menschen seien nur seinetwegen in den italienischen Wallfahrtsort gekommen. „Ich konnte direkt bei ihm sein, und Carlo war direkt mit dabei“, erzählte der junge Mann. Acutis sei für ihn ein großes Vorbild: „Ich kann viel von ihm lernen, er stand sehr stark im Glaubensleben“, sagte Lars Hochholzer. „Er hat schon tolle Sachen gemacht, als ich noch so unreif war.“
Auch Pfarrer Tobias Brantl war sichtlich bewegt, als er von der Seligsprechung vor gut zwei Jahren erzählte. Über die Zeitschrift „Feuer und Licht“ sei er damals auf Acutis aufmerksam geworden – und sei mit der mittlerweile aufgelösten Gemeinschaft „Totus tuus“ („Ganz dein“) nach Assisi gefahren. Und er ist überzeugt: „Es geht weiter.“ Der junge Selige begeistere auch heute Jugendliche – zum Beispiel eine Gruppe aus Paderborn, die sich auf den Weg nach Assisi gemacht hat, um einen Film über Acutis‘ kurzes, aber intensives Leben zu drehen. Er werde gerade geschnitten, erzählte Pfarrer Brantl.
Über dieses Netzwerk ist die Ausstellung nun auch nach Teltow gekommen, berichtete David Falcón, der zur Gemeinde am Stadtrand von Berlin gehört. Irgendjemand habe eine Ausgabe des „PUR-Magazins“ in der Kirche liegenlassen, seine Frau habe dort einen Artikel über Carlo Acutis gelesen und sei gleich begeistert gewesen. So wurden sie auf die Ausstellung über eucharistische Wunder aufmerksam – und konnten Pfarrer und Pfarrgemeinderat für das Projekt gewinnen. „Ich persönlich bin überzeugt, dass diese Ausstellung ein Gottesgeschenk ist“, sagte David Falcón. „Und das gerade in der Corona-Zeit, als man oft keine Möglichkeiten hatte, die Sakramente zu empfangen.“ Das PUR-Heft habe jedenfalls seine Wirkung nicht verfehlt, berichtete der fünffache Familienvater. So habe die zwölfjährige Tochter plötzlich ein Zitat von Acutis ausgesprochen: „Der Rosenkranz ist die kürzeste Leiter, um in den Himmel aufzusteigen.“ Es sei beeindruckend, wie ein junger Mensch anderen Jugendlichen auf diese Weise den Glauben vermitteln könne. Das hat auch die stellvertretende Pfarrgemeinderatsvorsitzende Christiane Heinen beeindruckt: „Es ist schön, Selige und Heilige für die junge Generation zu sehen.“ Und der Pfarrer der Gemeinde, Michael Theuerl, sieht die Acutis- Ausstellung in einem größeren missionarischen Kontext: „Es gibt viele Menschen, die auf der Suche sind“, erzählte er im Gespräch von seinen Erfahrungen. So kämen aktuell regelmäßig zwei Menschen in die Gemeinde, die vorher zu den Zeugen Jehovas gehört hätten – oder ein Mann, der sich früher als Atheist bezeichnet und im Stift Heiligenkreuz bei Wien zum Glauben gefunden habe. „Gott selbst wird die Herzen der Menschen lenken“, ist der Pfarrer für Teltow und Kleinmachnow überzeugt. Das liege nicht nur an Heiligen und Seligen wie Carlo Acutis, sondern sei ein größeres Phänomen. „Die Menschen suchen so lange, bis sie etwas finden“, so Theuerl. Dafür sei Carlo Acutis eine Möglichkeit. Und der junge „Influencer Gottes“ wird den nord- und ostdeutschen Pfarreien und Bistümern dauerhaft erhalten bleiben, denn die Poster, die jetzt in Teltow und Kleinmachnow gezeigt werden, sind Kopien der Originalausstellung. Sie werden vor Ort bleiben und können von Pfarreien oder geistlichen Gemeinschaften in der Region angefordert werden.
Informationen zur Ausstellung:
St. Matthias Schöneberg Winterfeldtplatz, 10781 Berlin
U Nollendorfplatz oder Eisenacher Straße
Besichtigungen samstags 11 bis 14 Uhr (offene Kirche), sonntags und täglich wochentags vor und nach den Messen
Termine der täglichen Messen und weitere Informationen unter st-matthias-berlin.de