Das schwierigste Bistum der Welt

Pfarrer i.R. Josef Rudolf, Foto:privat

Der ehemalige Geheimsekretär von Kardinal Joachim Meisner hat ein Buch über sein Heimatbistum geschrieben. Pfarrer i.R. Josef Rudolf möchte damit auch vor einer Verharmlosung der DDR warnen.

„Es ist weder hohe Literatur noch Selbstdarstellung. Ich möchte etwas gegen die drohende Glorifizierung der DDR tun. Viele sagen, es sei doch gar nicht schlecht gewesen, auch nicht für Christen. Doch, es war schlimm!“ Mit diesen Worten erläutert Pfarrer i.R. Josef Rudolf, langjähriger Orts-Seelsorger von Erkner und Dekan, Rektor und fünf Jahre lang Bischöflicher Geheimsekretär bei Kardinal Joachim Meisner, was ihn veranlasste, ein Buch zu schreiben. Es handelt vor allem von der an Ereignissen und Erlebnissen reichen Zeit im Dienst des damaligen Berliner Bischofs.

Tägliche Messfeier in der Hauskapelle

Auch wenn er durch sein Zuhause führt, erzählt Pfarrer Rudolf von zwei Bischöfen. In seiner Hauskapelle merkt er an: „Hier feiere ich jeden Tag die heilige Messe. Kardinal Meisner hat während seines ganzen Lebens als Priester an keinem einzigen Tag darauf verzichtet. Das kann ich von mir selbst leider nicht behaupten.” Vor einem persönlich gestalteten Altar steht eine Kniebank.

Am runden Tisch in seinem Besprechungszimmer zeigt der Altpfarrer und frischgebackene Buchautor auf einen bestimmten Platz. „Auf dem Stuhl da saß Erzbischof Koch, als er mir erlaubte, im Ruhestand hier in Erkner zu bleiben.“ Man merkt dem Seelsorger an, dass ihn immer noch viel mit der Gemeinde verbindet, in der er zwölf Jahre als Pfarrer wirkte. „Ich habe dem Erzbischof versprochen, dass ich mich nicht in die Arbeit meines Nachfolgers einmischen werde.“

Als der, durch sein Amt als Geheimsekretär buchstäblich welterfahrene, Geistliche 2016 in den Ruhestand ging, begann er, sein Buch zu schreiben. Ein zutiefst menschenfeindliches Weltbild sieht der Altpfarrer im zugrundegegangenen sozialistischen Gesellschaftssystem am Werk. Er wuchs selbst im SED-Staat auf, studierte in Erfurt Theologie und wirkte danach als Kaplan in Pommern, Ost-Berlin und Greifswald. Seine Erinnerungen an die konsequente Haltung Kardinal Meisners illustrieren, wie christliches Leben im erklärt kirchenfeindlichen Staat glaubwürdig blieb.

„Wer persönliche Details und Namen erfahren will, muss sich schon an die Memoiren von Kardinal Meisner halten.“ Pfarrer Rudolf schlägt eine Seite dieses Ende Juni posthum veröffentlichten Buches auf. „Hier steht der Name eines Mannes, vor dem ich den Kardinal damals gewarnt habe. Er hat mich deswegen ordentlich zurechtgestutzt. Wenn man nichts beweisen könne, solle man still bleiben. Er hatte natürlich Recht. Er litt aber später zutiefst gerade unter diesem persönlichen Verrat.“ Dass Josef Rudolf dem Amt des Geheimsekretärs gerecht wurde, wird überdeutlich. Enthüllungen, auch nachträgliche, sind seine Sache nicht.

Wenige Seiten, die es aber in sich haben

Wer hat ihn beim Schreiben unterstützt oder angeregt? – „Niemand. Es gab auch keine Notizen oder ähnliches.“ So ist die Veröffentlichung der Dicke nach eher eine Broschüre als ein Buch. „Für meine 60 Seiten brauchte ich bei namhaften Verlagen nicht anklopfen“, zeigt der Autor sich überzeugt. „In finanzielle Vorleistung für den Selbstverlag konnte ich aber nicht gehen. Daher habe ich mich für einen kleinen internationalen Verlag entschieden.“ Der Fromm-Verlag druckt Bücher nur auf Anfrage. Es gibt weder zu finanzierende Auflagen, noch Korrekturen am Manuskript oder professionelles Lektorat.

Lesenswert ist „Das schwierigste Bistum der Welt“ trotzdem, nicht zuletzt wegen der Stellungnahmen zu aktuellen Themen. Und es gibt mindestens zwei Leser mit Bischofsrang! Pfarrer i.R. Rudolf lacht: „Erzbischof Koch hat mir gesagt, er habe zuerst die Schmunzelecke gelesen. Kardinal Wetter aus München hat sich zwar noch nicht geäußert, aber das Büchlein direkt bei mir angefordert.“