Der Blick darüber hinaus

Das Fenster von Heilig Kreuz in Berlin-Wilmersdorf aus dem Jahr 1976 taucht den gesamten Kirchenraum in andächtigen Lichtschein.„Gott ist Licht“ nennt man dieseArbeit. | Foto: wikimedia

Am 16. Oktober starb der Berliner Künstler Paul Corazolla. Ihm ging es nie nur um die sichtbare Welt, sondern immer um den Hunger nach Spiritualität. Eine Würdigung von Konstantin Manthey.

Seine Kunstwerke in Berliner Kirchen sind voller gestalterischer Kraft und Vielseitigkeit – nun ist der Berliner Künstler am 16. Oktober in Berlin gestorben. Ein autobiografischer Text von Paul Corazolla beginnt mit dem „Hunger in der Nachkriegszeit“. Er, der mit 16 Jahren aufgrund seiner Begabung vom Gymnasium auf die Hochschule für Bildende Künste wechselte, kannte dieses Phänomen über die leiblichen Bedürfnisse hinaus.

Abstrakte Kunst und kirchlicher Vollzug

Der 1930 geborene Berliner Katholik Corazolla machte sich stets zu einem Mittler zwischen Kunst und Kirche, gerade weil dies für viele im 20 Jahrhundert nicht mehr zusammenging. Sein Studienschwerpunkt waren grafische Arbeiten. Dies machte Corazolla zu einem filigran arbeitenden Künstler, der suchte und fand. Besonders seine Glasfenster (ab 1952) sind bis heute beredtes Zeugnis eines Menschen, für den abstrakte Kunst und kirchlicher Vollzug kein Widerspruch waren. Ohne Kunstkenner sein zu müssen, kann man Corazollas oft in historische Architektur eingebetteten Fenster bewundern und ihrem starken Leuchten nachspüren. Nie ging es dem Künstler nur um die sichtbare Welt. Es war stets auch der Blick darüber hinaus, auf die andere Wirklichkeit.

Seit den 1960er Jahren trat Paul Corazolla auch international durch Ausstellungen und Konferenzteilnahmen in Erscheinung. Er war ein gefragter, weil sachkundiger und sprachfähiger, Berater für Künstler und Kirchenvertreter. Er wirkte auch in unterschiedlichen Gremien mit. Bis zu seinem Ruhestand leitete er zwölf Jahre lang das Kunstamt Tiergarten und die Obere Galerie im Haus am Lützowplatz und realisierte dort fast 90 Ausstellungen. Er war Mitglied in der (erz-)bischöflichen „Kunstkommission“ und Berater der Deutschen Bischofskonferenz.

Vermittler zwischen Kirche und Künstlern

Paul Corazollas Bestreben, Sprachfähigkeiten zwischen katholischer Kirche und den Künstlern wiederherzustellen, ließ ihn gemeinsam mit Dominikanerpater Deutsch das Künstlerhaus Berlin gründen. Es bestand von 1995 bis 2005 in Berlin-Mitte als Teil der Katholischen Akademie. Bis heute ist der „Aschermittwoch der Künstler“ ein sichtbares Ergebnis dieser Arbeit.

Auch im Ruhestand blieb Paul Corazolla aktiv und unterstützte die Künstler-Arbeit im Erzbistum Berlin. Am 30. Oktober wurde er im Familiengrab neben seiner Frau Toshie Nanjo (+2011) auf dem St.-Matthias-Friedhof, Berlin- Schöneberg, beigesetzt. Zeitlebens war dem Künstler Paul Corazolla der „Hunger nach Spiritualität“ bewusst und ein Motor seines Schaffens.